Die Wahrheit siegt durch sich selbst

von Montevideo Portal

(Montevideo, 13. März 2015, comcosur).- Die Diktaturen in den Ländern des Südkegel genannten südlichen Teils Lateinamerikas kosteten zwischen 1970 und 1980 etliche Menschen das Leben. Nun wollen die Angehörigen der italienisch-uruguayischen Opfer, die in jenen Jahren verschwanden, durch ein in Italien eröffnetes Verfahren die Verbrechen rund um die sogenannte Operation Condor aufklären und unter anderem den Ex-Militär Jorge Néstor Fernández Troccoli zur Verantwortung ziehen.

Sivia Bellizzi ist die Schwester des Italo-Uruguayers Andrés Bellizzi, der 1977 in Buenos Aires verschwand. Sie erklärte, auch wenn es vorrangig um das Verschwinden italienischer Staatsbürger*innen in jenem Zeitabschnitt gehe, sei das in Italien stattfindende Verfahren auch in der Lage, sich mit den übrigen Opfern der Diktatur in Uruguay zu befassen, da der Angeklagte Troccoli einen italienischen Pass hat. Dank seiner italienischen Staatsbürgerschaft konnte der Ex-Militär damals entkommen und das Land verlassen. Nun könne er auch wegen des Verschwindenlassens weiterer uruguayischer Opfer vor Gericht belangt werden, erklärte Bellizzi gegenüber der Nachrichtenagentur Efe. Neben Troccoli stehen 15 weitere Uruguayer vor Gericht. „Aufgrund des Verschwindenlassens von Menschen gilt dieser Mann auch in Italien als Krimineller, auch wenn seine Opfer nicht nur Italiener waren“, so Bellizzi weiter.

Ermittlungen nach 30 Jahren

Troccoli gehörte dem Marinecorps FUSNA (Cuerpo de Fusileros Navales) an, das die Marine in Schach halte sollte. Die aktivste Periode des Corps war die Zeit zwischen 1977 und 1978. Im Jahr 2007, gerade als man die Verhaftung Troccolis beschlossen hatte, entkam dieser der uruguayischen Justiz und reiste nach Italien. Bei der Gerichtsverhandlung in Rom erschien der Angeklagte nicht persönlich. Dort schlossen sich Opferverbände und Angehörige der Opfer der Operation Condor als Nebenkläger*innen zusammen.

Andrés Bellizzi, der seinerzeit in Argentinien lebte, hatte sich im März 1977 nach Montevideo aufgemacht, um seine italienische Großtante kennen zu lernen, die sich zu dieser Zeit in Uruguay aufhielt. „Einen Monat später, wenige Tage vor seinem 25. Geburtstag, war er verschwunden“, erzählt Bellizzi. Seine Mutter María Bellizzi gehörte zu den Angehörigen der Uruguayer*innen mit italienscher Staatsbürgerschaft, mit denen sich die italienische Justiz 1999 befasst hatte. Mutter und Tochter werden in der zweiten Jahreshälfte gemeinsam nach Rom reisen, um bei der Verhandlung des Falls Bellizzi dabei zu sein. „Möglicherweise wird der Zeuge in unserem Fall zuerst in Italien vorgeladen und dann erst hier”, vermutet Bellizzi angesichts der Langsamkeit, mit der die uruguayische Justiz sich der Fälle annimmt.

Zum Zeitpunkt der Verhandlung am 12. März fand sich eine Gruppe von Angehörigen im Sitz der Gewerkschaft PIT-CNT in Montevideo ein. Raúl Olivera ist Ratgeber der Menschenrechtsabteilung der Gewerkschaft und Zeuge im Fall Pablo Recagno, eines in Uruguay verschwundenen Italieners. Olivera, der im Namen der Angehörigen und der Übrigen Anwesenden sprach, erklärte, er habe Vertrauen in die Entwicklung in Italien, denn nach seinem Eindruck sei die Justiz dort insgesamt schneller zu konkreten Schritten gekommen. „In Italien haben wir diesen Fall vor etwa 15 Jahren vorgelegt, hier waren es fast 40.“

Opfer erhoffen mehr Informationen durch Verfahren in Italien

Zu dem Treffen erschien außerdem Macarena Gelman, deren argentinische Eltern in der Zeit der Militärdiktatur verschwanden. Gelman wurde in einem uruguayischen Gefangenenlager geboren. Erst vor fast 15 Jahren, also mit etwa 23 bekam sie Klarheit über ihre Identität und ihren familiären Hintergrund. Derzeit sagt sie im Prozess in Italien aus. Für sie ist es wichtig, dass die Fälle auch von einem anderen Land untersucht werden, da man auf diese Weise vielleicht neue Informationen erhalte. „Es gibt Dinge, die aus unterschiedlichen Gründen nicht Gegenstand eines Verfahrens (in Uruguay) sein konnten, da gäbe es also Möglichkeiten, im Ausland aktiv zu werden. Man sollte sämtliche Informationen jedes einzelnen Verfahrens sammeln und dafür zu sorgen, dass auf diese Informationen international zurückgegriffen werden kann“, erklärte Gelman gegenüber Efe. Auch Silvia Bellizzi wies darauf hin, wie wichtig es sei, dass die Verfahren auch in einem anderen Land stattfinden, das nicht direkt an den Geschehnissen beteiligt war. „Damals schlossen sich einige Nationen zusammen, um gemeinsam die Einheit der Völker zu zerschlagen. Nun verbinden sich demokratische Staaten und sorgen dafür, dass Gerechtigkeit einzieht.“

Die Anhörung in Rom dauerte fast sieben Stunden und dient der Vorbereitung des Verfahrens in der ersten Instanz, bei dem 32 ehemalige Mitglieder des Militärs sowie den Streitkräften nahe stehende Zivilpersonen vor Gericht stehen werden. Diese stammen aus Bolivien (1), Chile (11), Peru (4) und Uruguay (16). Richterin Evelina Canale hat alle Familienmitglieder sowie ehemalige Angehörige des politischen Opposition gegen die Militärregimes in Bolivien, Chile, Peru und Uruguay zugelassen. Weitere Anhörungen sollen folgen. (Quelle: EFE)

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