Die Rettung von São Paulo ist möglich

von Emir Sader*

(Fortaleza, 25. Oktober 2012, adital).- São Paulo, eine der außergewöhnlichsten Städte der Welt, hat sich in eine traurige Stadt verwandelt, grau, grausam. Eine Stadt, in der sozialer Ausschluss herrscht, Diskriminierung, Intoleranz. São Paulo wurde zur ungerechtesten Stadt Brasiliens, aufgrund der brutalen Polarisierung zwischen völlig maßlosem Reichtum und der größten Armut und dem größten Elend in Brasilien. Das ist aus unserem geliebten São Paulo geworden in den Händen seiner Elite und der Parteien, die diese Elite repräsentieren.

Rechte Politik am Ende

Doch besteht die Chance zur Rettung São Paulos, und zwar jetzt. Aufgrund der Abnutzung der Politik der Rechten und aufgrund einer Verbindung günstiger Faktoren, die dafür sorgten, dass Fernando Haddad von der Arbeiterpartei PT (Partido dos Trabalhadores) in den Umfragen vorne liegt (Anmerkung: Inzwischen, am 28. Oktober, wurde Haddad zum Bürgermeister von São Paulo gewählt, d. Ü.). Nicht zufällig wird die Rettung von einem ehemaligen Studenten (und späteren Professor für Politikwissenschaft) der Universität von São Paulo USP (Universidade de São Paulo) angeführt. Fernando Haddad war früher aber auch Metallarbeiter in der sogenannten ABC-Region (die zum Metropolraum São Paulo zählt, und in der die brasilianische Automobilindustrie angesiedelt ist). USP und ABC: Zwei große Markenzeichen von São Paulo, auf die wir so stolz sind.

Abwendung São Paulos vom Rest Brasiliens

São Paulo wurde unter den Rechten zu einer Stadt, die verleugnet, was sie an Bestem zu bieten hat. Sie verleugnet ihre Vielfalt, die sozialen Bewegungen, die Arbeiter*innen aus Brasiliens Nordosten – die mit ihren Händen und ihrem Leiden den Reichtum São Paulos geschaffen haben. Verleugnet wird außerdem die Kultur, die Beziehung zum Rest Brasiliens, die Bevölkerung São Paulos. Eine Stadt, die den anderen brasilianischen Staaten den Rücken kehrt, die Brasilien insgesamt den Rücken kehrt. Ein São Paulo, das unter der Herrschaft der Rechten am Rande des größten Prozesses wirtschaftlicher und sozialer Demokratisierung gehalten wurde, den Brasilien je erlebte.

“Tukane” ließen den Armen nur Krümel übrig

Am Rand der Anerkennung von und des Ausbaus der Grundrechte für alle brasilianischen Bürger*innen, die zuvor von den Herrschenden marginalisiert worden waren. Insbesondere unter der “Tukan”-Regierung verschärften sich Ungleichheit, Elend und Armut in Brasilien (Anmerkung: Die Partei der brasilianischen Sozialdemokratie PSDB (Partido da Social Democracia Brasileira) stellte von 1995 bis 2002 mit Fernando Henrique Cardoso, einem bekannten Soziologen, den Präsidenten. Das Symbol des PSDB ist ein Tukan, daher werden die Parteimitglieder „Tucanos“ genannt, d. Ü.).

Statt “Lokomotive der Nation” zu sein, wie die alte paulistische Elite von der Stadt schwärmte, entwickelte sich São Paulo zum Gegenstand nationaler Schande – infolge von Elend, Diskriminierung, Rassismus, Gewalt von Polizei und Killergruppen, infolge des Niedergangs der Bildungs- und Gesundheitssysteme, um nur einige Schanden aufzuzählen.

Wieder Anschluss an gerechteres Brasilien finden

Jetzt aber ist die Stunde der Rettung São Paulos gekommen. Es ist die Stunde gekommen, um São Paulo in den gleichen Prozess einzubringen, der dafür gesorgt hat, dass Brasilien erstmals vorangekommen ist bei der Überwindung seiner größten Wunde – derjenigen, das ungerechteste Land des ungerechtesten Kontinents der Welt zu sein. Die Stunde ist gekommen, die Bedingungen sind vorhanden. Dringende Notwendigkeiten treffen auf ausgezeichnete Perspektiven. Lasst uns daher alle zur Rettung São Paulos schreiten. Dieser Stadt mangelt es an dieser Rettung, und sie verdient sie. Und die Paulistas benötigen sie. Brasilien braucht ein gerechtes São Paulo, ein menschliches, ein solidarisches. Wir werden gewinnen, um gemeinsam die Rettung São Paulos zu verwirklichen.

*Soziologie-Professor an der Staatlichen Universität von Rio de Janeiro UERJ (Universidade Estadual do Rio de Janeiro)

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