Die Kollektivklage der Maismenschen

Gericht verfügt Stopp von Experimentier- und Pilotphasen

Sie wollen den Mais monopolisieren und transgen verunreinigen. Bis hin zu dem Punkt, an dem jene Hände, die den Mais als Nahrungsmittel für die gesamte Menschheit erschaffen haben und hegten, ihnen das Saatgut abkaufen müssen. Sie sollen sogar für „die unrechtmäßige Patentnutzung“ zahlungspflichtig sein, wenn ihre angestammten traditionellen Maissorten transgen kontaminiert werden.

Der Angriff geschieht auf breiter Front, doch die Verteidigung ist noch weiter gefächert. Der Mais ist so wichtig in Mittelamerika, dass selbst die Multis überrascht sind: Die Durchsetzung ihres Willens stößt auf enorm viele Hindernisse, wo sie doch bei so vielen anderen Themen stets straffrei agieren konnten. Die Wurzeln und Motive der Frauen und Männer aus Mais sind tiefgehend. So tiefgehend, dass sie, wie die Sonne, ganz sicher wiederkehren, Gewitterwolken verscheuchen und Neues weben. Sie lassen neue Saatkörner keimen und Maiskolben wachsen, die vielfältige Farben, Formen und Geschmacksrichtungen aufweisen.

Die Aussaat von Genmais in Mexiko, dem Ursprungszentrum des Mais, ist seit 21 Monaten rechtsverbindlich suspendiert. Das hat es vorher nicht gegeben und ist begrüßenswert. Jetzt beginnt eine neue Etappe, die der Verein Colectivas bekannt gemacht hat. Der Verein vertritt die von 53 Einzelpersonen und 20 Organisationen [gegen die Aussaat von Genmais] bei Gericht eingereichte Kollektivklage.

Nach einem langen Verfahren mit Versuchen, die inhaltliche Diskussion des Themas zu verhindern, wird endlich der eigentliche Prozess beginnen: die Anklage gegen den Genmais wegen seiner Schädlichkeit, unter anderem für die biologische Vielfalt und die Gesundheit, zu bewerten. Als die Kollektivklage 2013 präsentiert wurde, erließ das Gericht eine Vorsorgemaßnahme. Mit ihr wird die Aussaat von Genmais für Experimentier- und Pilotphasen sowie für kommerzielle Zwecke ausgesetzt. Das Gericht wies die Behörden zudem an, von jedweden Genehmigungsverfahren abzusehen, bis über die Anklage entschieden sei.

Insgesamt 91 Anfechtungen gegen Kollektivklage

In den vergangenen 21 Monaten mussten die Kläger sich mit 91 Anfechtungsklagen von Monsanto, Syngenta, Dow, Pioneer (DuPont) und den Ministerien für Landwirtschaft und Umwelt auseinandersetzen. Die beiden letztgenannten missbrauchten auf beschämende Weise die Staatsgewalt. Sie unterstützten die Gewinne der Multis gegen die Interessen der Völker, die den Mais erschaffen haben und gegen den Willen der immensen Mehrheit der mexikanischen Bevölkerung. So hat dies auch das Permanente Völkertribunal in seinem Schlussurteil im November 2014 dokumentiert.

Gemeinsam haben Unternehmen und Regierung elf Einsprüche (neun der Unternehmen und zwei der Bundesregierung) eingereicht, um die vorsorgliche Aussetzung der Aussaat rückgängig zu machen. Weitere elf Einsprüche (erneute neun der Unternehmen und zwei weitere der Bundesregierung) richteten sich gegen den Kern der Klage. Das Kollektiv musste auf jede einzelne Anfechtung antworten und präsentierte seinerseits 26 dieser Rechtsmittel.

Bis jetzt waren 17 Gerichte mit dem Fall befasst: ein Bundesgericht, ein Appellationsgericht, drei Einspruchsgerichte, eine Verwaltungskommission, zehn Kollegialgerichte und die erste Kammer des Obersten Gerichtshofes. Nachdem schlussendlich alle Einsprüche gegen die Klage an sich abgewiesen wurden, wird nun der Prozess beginnen. Im Verlauf des bisherigen Verfahrens bestätigten mehrere Gerichtsinstanzen auch die Vorsorgemaßnahme. Die Suspendierung der Aussaat von Genmais wird daher während des Prozesses beibehalten.

Netzwerke aufbauen und bekräftigen

Dafür sind aber nicht nur die wichtige Arbeit auf der rechtlichen Ebene und das Handeln aufrichtiger Richter*innen verantwortlich, die den Schutz des wichtigsten genetischen Erbes Mexikos bekräftigten. Die Suspendierung ist vielen geschuldet: den Gemeinden und Ejidos in allen Himmelsrichtungen des Landes, die ihr Territorium, ihr Saatgut, ihr Land, ihr Wasser und ihren Wald verteidigen. Jedem Stadtviertel und jeder Organisation, die sich für den Tortillakonsum ohne Transgene entscheiden. Jeder Schule, jedem Forum, jeder Kantine, jedem Gespräch auf einer Messe, die den Gräuel der Transgene thematisieren.

Bei diesen Gelegenheiten werden Netzwerke aufgebaut oder bekräftigt, um zu garantieren, dass es die gentechnikfreien kleinbäuerlichen Hände sind, die Märkte und lokale Plätze versorgen. Auch die starke öffentliche nationale und internationale Meinung gegen die Freisetzung von Genmais im Ursprungsland des Mais hat daran ihren Anteil. Eine Freisetzung würde Mexiko, das globale genetische Reservoir für Mais (eines der drei Grundgetreide für die Welternährung), unweigerlich zur Kontamination verdammen.

Von Holzmenschen und Maismenschen

Eduardo Galeano, der uns liebevoll gegenwärtig ist, und die Kämpfe der Völker des Mais begleitet und mitgefühlt hat, zitierte einmal das „Popol Vuh“. Er gab wieder, dass die Götter, als sie die Menschen formten, dies zuerst aus Holz versuchten. Erst dann benutzten sie die wahrhaftige Essenz, den Mais. Die Wesen aus Holz erschienen zwar menschlich, waren aber unsensibel, ambitiös, hatten weder Respekt vor der Erde noch vor anderen Lebewesen. Die Götter dachten, sie hätten diese Menschen beseitigt, doch einige entkamen. Diese sind es, so sagte uns Galeano, die heute die Welt regieren.

Aber trotz ihrer Räubereien, auch sie brechen auseinander und am Ende sterben sie. Die Verteidigung des Mais und sein kollektiver Schutz werden immer lebendig sein, unvergänglich. Auf den Wegen des Mais schreitet Eduardo weiter. Seine Wahrnehmungen und Worte, die wie Saatkörner wachsen und sich mit vielen anderen verbinden, die den Gemeinden entsprießen, werden weiter keimen.

*Forscherin der ETC-Group

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