Costa Rica geht in polarisierende Stichwahl

Von Markus Plate

(San José, 4. Februar 2018, npl)-. Ticas und Ticos haben am Sonntagabend, den 4. Februar 2018 einen Auszählungskrimi erlebt. Um 23.30 Uhr waren 90 Prozent der Stimmen ausgezählt. Nach den noch nicht offiziellen Ergebnissen der Präsidentschaftswahlen haben es zwei „Alvarados“ in die Stichwahl geschafft.

Evangelikale und Liberale bei Präsidentschaftswahlen vorn

Der Evangelikale Fabricio Alvarado von der Partei Nationale Restauration (Restauración Nacional) führt mit 25 Prozent der Stimmen, knapp dahinter der Kandidat der regierenden Partei der Bürgeraktion PAC (Partido Acción Ciudadana), Carlos Alvarado, mit etwa 22 Prozent. Ein Viertel der Stimmen für die evangelikal dominierten Moralkonservativen, das kommt im sozialliberal und katholisch geprägten Costa Rica einem politischen Erdbeben gleich.

Historisches Desaster für PLN

Auf Platz drei und vier liegen die beiden Parteien, die die costa-ricanische Politik über Jahrzehnte dominiert haben, die Partei der Nationalen Befreiung PLN (Partido Liberación Nacional) mit dem Unternehmer und Großgrundbesitzer Alvaro Álvarez Desanti (18 Prozent) und die Christsozialen PUSC (Partido Unidad Social Cristiana) um Rodolfo Piza (16 Prozent). Beiden Altparteien dürfte es zum Verhängnis geworden sein, dass sie sich im Vorfeld der Wahlen in jeweils zwei konkurrierende Strömungen gespalten haben. Für die ehemals sozialliberale, aber seit zwei Jahrzehnten neoliberale PLN ist das Ergebnis ein historisches Desaster, ihr Kandidat kommt erstmals in der Geschichte der Partei nicht unter die ersten zwei, die Partei auf historisch schlechte 20 Prozent.

Der ehemalige PLN Sicherheits- und Justizminister Juan Diego Castro mit seinem rechtspopulistischen Diskurs hatte in den Umfragen vor der Wahl lange Zeit geführt, bringt es aber nach letzten Ergebnissen nur auf ein Zehntel der Stimmen. Der christsoziale Dissident und Kinderarzt Rodolfo Hernández erreicht 5 Prozent. Sowohl Piza wie Álvarez Desanti fehlen damit die entscheidenden Stimmen für den Einzug in die Stichwahl.

Linksbündnis verliert Stimmen

Das Linksbündnis Frente Amplio kam bei den letzten Wahlen mit dem äußerst populären José Maria Villalta noch auf fast ein Fünftel der Stimmen, erreichte dieses Mal jedoch nicht einmal ein Prozent. Villalta hat für das Linksbündnis Frente Amplio immerhin einen Parlamentssitz errungen; das Ergebnis mit acht verlorenen Sitzen wirft die Linke aber auf den Status einer Kleinpartei zurück. Über ein Drittel der Wahlberechtigten sind zu Hause geblieben, das macht die Nichtwählenden zur mit Abstand größten Gruppe dieser Wahlen.

Die Stichwahl am Ostersonntag, dem 1. April, wird also zu einem Showdown zwischen dem liberalen und dem erz- und moralkonservativen Lager. Es sieht so aus, als ob beide „Alvarados“ von der polarisierenden Entscheidung des Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte vier Wochen vor der Wahl profitiert haben, nach der Costa Rica die Ehe für gleichgeschlechtliche Ehen zu öffnen habe. Es war das Aufregerthema im Wahlendspurt. Soziale, Wirtschafts- und scheinbar auch Sicherheitsthemen scheinen dadurch in den Hintergrund getreten zu sein.

Alvarado oder Alvarado? Die Stichwahl entscheidet es am 1.April

Wer in der Stichwahl die besseren Chancen hat, ist nicht abzusehen und wird entscheidend davon abhängen, wer die Kandidaten und Anhänger*innen der Altparteien mit Argumenten, Zugeständnissen und wohl auch Kuhhandel hinter sich bringt. Gleiches gilt auch für das costa-ricanische Parlament, in dem keine Partei auch nur in die Nähe einer eigenen Mehrheit kommen wird. Dass die Altparteien mit ihren Abspaltungen das Parlament allerdings dominieren werden, macht das Regieren in den nächsten vier Jahren für den zukünftigen Staats- und Regierungschef (wie auch in den vergangenen vier Jahren) schwierig.

Carlos Alvarado versuchte es in seiner Nachwahlrede am Sonntag kurz vor Mitternacht und vor jubelnden Anhänger*innen schon mal mit Lob für die ausgeschiedenen Kandidaten, das Konsensmodell Costa Rica an sich und eine nationale Übereinkunft. Als Konsenskandidat in die Stichwahl, das dürfte die Strategie der PAC in den nächsten Wochen sein.

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