Anlässlich der Verhaftung von Jennifer Moore und John Dougherty in Cusco

Von José De Echave C., cooperacción

(Lima, 24. April 2017, servindi).- Nach und nach verbreitet sich die Nachricht rund um den Globus: Jennifer Moore, Vertreterin von Mining Watch Canada und John Dougherty, Journalist und Dokumentarfilmer aus den USA, wurden am vergangenen Freitag, 21. April, in der Stadt Cusco verhaftet.

Beide waren nach Peru zurückgekommen, um das Ergebnis einer aufwändigen journalistischen Recherche über das Bergbau-Unternehmen Hudbay in Guatemala, den USA, Kanada und Peru vorzustellen. Als John Dougherty die Menschen in den Gemeinden von Chumbivilcas befragt hatte und Zeugenaussagen einholte, da hatte er ihnen versprochen, das Ergebnis seiner Recherche – einen Dokumentarfilm der nun den Titel „Fraude de Flin Flon“ trägt – wieder zu ihnen zurückzubringen.

Was wurde ihnen vorgeworfen?

Deshalb reisten beide in der vergangenen Woche nach Peru und fuhren nach Chumbavilicas, um den Dokumentarfilm dort in verschiedenen Distrikten dieser zur Provinz Cusco gehörenden Region zu zeigen. Die Delegation – zu der auch Mitarbeiter*innen von CooperAcción und Derechos Humanos Sin Fronteras gehörten – begann bereits in Chumbavilicas den Druck der Polizei zu spüren und wurde ständig von seltsam anmutenden Personen gefilmt. Zudem erschien die Polizei dort, wo die Gruppe übernachtete, fragte nach den Besucher*innen, deren Namen sowie weiteren Daten.

Im Gegensatz dazu, dass die Bevölkerung die Delegation mit Wohlwollen aufnahm und es wichtig war, dass der Dokumentarfilm gemeinsam mit den Gemeinden präsentiert wurde, war die Botschaft der Polizei – und alles deutet darauf hin, dass es auch die Botschaft des Bergbau-Unternehmens (des im Verborgenen agierenden Akteurs, der jedoch ebenfalls kontrollierte) – dass wir uns auf einem überwachten Territorium befanden, zu dem niemand Zutritt hat ohne die Erlaubnis derjenigen, die sich als Besitzer*innen von allem ansehen und ein Kontrollsystem nach Art der alten Kaziken errichtet haben.

Nach den Veranstaltungen in Chumbivilcas, mit denen das Versprechen gegenüber der Bevölkerung eingelöst wurde, begab sich die Delegation nach Cusco, um dort den Film zu zeigen. Die Filmvorführung war uneingeschränkt öffentlich und fand im Zentrum der Stadt, im Kulturhaus (Casa de la Cultura) statt, in Räumlichkeiten, die der Provinzverwaltung (Municipalidad Provincial) unterstehen.

Nach Ende der Vorführung des Dokumentarfilms stürmte die Polizei auf Jennifer Moore und John Dougherty zu und inmitten der allgemeinen Aufregung wurden die beiden verhaftet. Was wurde ihnen vorgeworfen? Dass sie als Tourist*innen ins Land eingereist seien und daher keinen anderen Aktivitäten nachgehen dürften als touristischen und – natürlich – gehörten das Bringen des Dokumentarfilms und die Teilnahme an Diskussionsveranstaltungen just zu den Aktivitäten, die mit ihrem Touristenstatus unvereinbar seien.

Ein sehr begrenztes Etcetera 

Es scheint, dass der Aktionsradius von Ausländer*innen, die als Tourst*innen ins Land kommen, auf einen Besuch des Machu Piccu und von Museen, den Genuss unserer Gastronomie und ein sehr begrenztes Etcetera beschränkt ist. Wenn sie etwas tun, was darüber hinausgeht, können, ja müssen sie verhaftet werden.

Angesichts dessen stellt sich nun die Frage: Wie regeln das all die Konferenzteilnehmer*innen, die mit demselben Status ins Land kommen und bisher ohne Schwierigkeiten ihren Aktivitäten nachgehen konnten? Was geschieht mit den Dutzenden Sozialforscher*innen, die in den kommenden Tagen zur weltweit wichtigsten Konferenz der Lateinamerika-Forscher*innen nach Lima kommen und dort über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und, natürlich auch über politische Angelegenheiten sprechen werden? Laufen sie Gefahr, inhaftiert zu werden?

Juan-Carlos Ruiz, Rechtsanwalt und Experte für Menschenrechte und Verfassungsrecht vom Instituto de Defensa Legal (IDL) unterstreicht, die Argumentation der Polizei sei lächerlich: „Ein Video zu übergeben ist Arbeiten und, aufgrund ihres Visums, sind sie Touristen und dürfen sich nicht ihrer Arbeit widmen. Es ist offensichtlich, dass hier versucht wird, etwas zu konstruieren.“ Weiter gibt der Experte zu bedenken: „Die dahinterliegende rechtliche Frage ist, ob der Status als ausländische Journalisten ihr Grundrecht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung, das im Artikel 2.4 der Verfassung festgeschrieben ist, einschränkt und begrenzt.“

„Es beginnt damit, dass die einzigen Möglichkeiten für eine legale Verhaftung entweder eine richterliche Anordnung oder das Ertappen auf frischer Tat sind. Nichts davon lag in diesem Fall vor. Zum anderen ist der einzige, der Rechte begrenzen oder einschränken darf, der Richter. In diesem Fall handelt es sich um eine willkürliche Verhaftung am Rande des Gesetzes, denn weder wurde man den in der Verfassung möglichen Verdachtsmomenten für eine Verhaftung gerecht, noch hat ein Richter interveniert“.

Wer gab den Befehl für die widerrechtliche Verhaftung?

Klar ist, dass wir uns einem Akt des Machtmissbrauchs gegenübersehen, der sich bedauerlicherweise in unserem Land ereignet hat. Wir, die wir aus gutem Grund mit Empörung auf das schauen, was in anderen Ländern der Region vor sich geht, können angesichts der Ereignisse von Cusco nur dieselbe Empörung zeigen.

Es gibt viele ungeklärte Fragen zu beantworten, sowohl auf rechtlichem Gebiet als auch hinsichtlich der Aspekte Sicherheit und freie Ausübung der Meinungsfreiheit. Letztere muss uneingeschränkt im ganzen Land gelten. Bleibt die Frage: Wer gab den Befehl für die widerrechtliche Verhaftung von Jennifer Moore und John Dougherty? Mit welcher Begründung wurden sie während ihres Aufenthalts in der Provinz Chumbivilcas ständig observiert und schikaniert?

Sind solche Entscheidungen Teil der Übereinkünfte, die die Polizei mit Firmen wie Hudbay trifft? Hat das Bergbau-Unternehmen mit diesem Übergriff zu tun? Wir erwarten Antworten von unseren Behörden.

Währenddessen werden wir fortfahren, diesen willkürlichen Akt anzuprangern und werden den Film selbstverständlich erneut zeigen. Wir sehen uns diesen Dienstag, 25. April im Cine-Forum, wo der Film abermals gezeigt wird (Details zur Veranstaltung gibt es hier)

Update Redaktion poonal, 26. April 2017: Auf Anraten ihrer Anwälte haben die beiden Beschuldigten Peru bereits verlassen und waren bei der Filmvorführung in Lima, am 25. April, auch nicht – wie eigentlich geplant, zugegen.

Das Innenministerium droht in einer Erklärung vom 22. April mit der Ausweisung von Moore und Dougherty. Sie hätten zum einen Dinge getan, die ihnen als Tourist*innen nicht erlaubt seien, zum anderen habe ihr Verhalten die öffentliche Ordnung beeinträchtigt und die öffentliche Sicherheit gefährdet, weshalb sie des Landes verwiesen werden, gemäß Artikel 58, Absatz F. Dieser komme zur Anwendung, wenn Personen Handlungen ausführen, die sich „gegen die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit oder die nationale Sicherheit richten“.

Jennifer Moore erklärte im Interview mit ideele-Radio, dass es vor allem die  Erklärung des Innenministeriums und die darin enthaltene Beschuldigung nach Artikel 58F gewesen seien, die zu der Entscheidung geführt hätten, Peru zu verlassen. Denn derartige Anschuldigungen hätten „absolut nichts damit zu tun, was wir machen“, so Moore.

Die gestrige Veranstaltung in Lima war mit rund 140 Besucher*innen sehr gut besucht und sei ohne Zwischenfälle verlaufen, so CooperAcción auf Anfrage. Regisseur John Dougherty kündigte an, dass seine Anwälte angesichts des Vorgehens der peruanischen Behörden entsprechende rechtliche Schritte unternehmen werden.

Eine ausführlichere Einschätzung der rechtlichen Situation durch den Anwalt Juan Carlos Ruiz (IDL) findet sich hier (Spanisch).

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2 Antworten zu “Anlässlich der Verhaftung von Jennifer Moore und John Dougherty in Cusco”

  1. Ministerio del Interior and Superintendencia Nacional de Migraciones are used to commiting abuses againts immigrants.

    Constitutional Court ruled about the Superintendencia abuses against foreigners and their rights to defend themselves.

    Abuse against foreign people is a habit, international conventions on the matter are regularly violated.

    – – –

    Hace poco la prensa peruana publicó sobre la politica migratoria de Perú y el nobel a su Presidente.

    Superintendente Sevilla: „Siempre decimos que somos un país con memoria y que en el Perú tenemos una vocación de construir puentes, no muros“.

    ES FALSO. El Superintendente no contesta las cartas y los oficios que los migrantes y la Defensoría del Pueblo le enviamos. No son simples muros, son violaciones a los tratados internacionales de Derechos Humanos.

    Superintendente Sevilla: „Con el PTP estamos contribuyendo a poner orden en la casa, porque es importante tener regularizados a los extranjeros para que puedan estudiar, trabajar y tributar“.

    NO ES CIERTO. Ninguna entidad, pública o privada, reconoce el PTP como documento válido y el Superintendente se rehusa a enviar las debidas comunicaciones para su implementación.

    MUCHOS MIGRANTES ESCRIBIMOS A LOS PERIODICOS NACIONALES, PERO LAS VIOLACIONES QUE SUFRIMOS JUNTO CON NUESTROS FAMILIARES PERUANOS NO SON NOTICIA.

    Y POR LO VISTO, CONSIDERAN NOTICIA LA PROPAGANDA DE LA SUPERINTENDENCIA.

    Les invito a leer nuestra pagina:

    PERÚ SEPARA PADRES EXTRANJEROS E HIJOS PERUANOS

    Padre italiano e hija con doble nacionalidad, italiana y peruana.

    En esta página voy a sacar el caso mío y de mi hija, pero somos muchos. También voy a ilustrar la problemática, contar qué hizo y no hizo perú, remitir a otros casos que han sido denunciados. Nuestros hijos son peruanos y como padres extranjeros también tenemos derechos.

    EN PERÚ NO EXISTE REAGRUPACIÓN FAMILIAR.

    LOS HIJOS DE EXTRANJERO NO TIENEN DERECHO A UNA FAMILIA, SUS PADRES NO TIENEN DERECHO A SUBSISTIR.

    EL PTP ES UNA ESTAFA, ¿NUESTROS DERECHOS HUMANOS VALEN?

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