Poonal Nr. 793

Deutsche Ausgabe des wöchentlichen Pressedienstes lateinamerikanischer Agenturen vom 5. Februar 2008

Inhalt


MEXIKO

COSTA RICA

KOLUMBIEN

ECUADOR

PERU

BRASILIEN

CHILE

ARGENTINIEN

URUGUAY


MEXIKO

Großdemonstration gegen NAFTA in Mexiko-Stadt

(Buenos-Aires, 31. Januar 2008, púlsar-poonal).- Tausende Bauern und Bäuerinnen aus verschiedenen Bundesstaaten Mexikos zogen am vergangenen Donnerstag, 31. Januar, durch die Straßen von Mexiko-Stadt bis zum Hauptplatz der Stadt, dem Zócalo. Sie protestierten für neue Verhandlungen über den Agrarteil des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens NAFTA. Laut Angaben der Organisator*innen nahmen an der Kundgebung mehr als 130.000 Demonstrant*innen teil. Das Sekretariat für Öffentliche Sicherheit von Mexiko-Stadt schätzte seinerseits die Anzahl der teilnehmenden Menschen auf 40.000.

Die Bauern und Bäuerinnen fordern, dass die Regierung den Agrarteil des NAFTA-Abkommens zwischen Kanada, Mexiko und den Vereinigten Staaten von 1994 erneut verhandelt. Aufgrund dieses Abkommens fielen am 1. Januar die letzten Zollschranken zur Vermarktung von Agrarprodukten zwischen den drei Ländern. Zu den betroffenen Produkten gehören unter anderem Mais, Bohnen, Zucker und Milch.

Die Bauern und Bäuerinnen argumentieren, dass sie durch das Abkommen benachteiligt werden. Sie werden dem Wettbewerb mit den subventionierten Produkten aus den USA und Kanada nicht standhalten können. Der mexikanische Bauernbund CNC (Confederación Nacional Campesina) erklärte, ein US-amerikanischer Bauer erhielte jährlich circa 20.000 US-Dollar an Subventionen, ein mexikanischer Landarbeiter jedoch nur rund 770 US-Dollar.

An dem Marsch durch die Stadt und der späteren Kundgebung nahmen unter anderem Bauern und Bäuerinnen aus den Bundesstaaten Chiapas, Chihuahua, Hidalgo, Morelos, Puebla, Queretaro, Veracruz und Zacatecas teil. Diese beteiligten sich an dem Protest mit Dutzenden von Traktoren, Pferden und sogar Kühen, was ein großes Verkehrschaos in der Stadt verursachte.

Ciudad Juárez: Überreste von 27 Mordopfern identifiziert

Von Lourdes Godínez Leal

(Mexiko-Stadt, 29. Januar 2008, cimac-poonal).- Eine Gruppe argentinischer Wissenschaftler*innen hat die Überreste von 27 in Ciudad Juárez, Bundesstaat Chihuahua, ermordeten Frauen identifiziert und diese an deren Familien übergeben. Mehr als 360 Frauen und Mädchen wurden seit 1993 in dem an der US-Grenze liegenden Bundesstaat getötet, ein Drittel davon im Zusammenhang mit sexueller Gewalt. Etwa 40 weitere werden bis heute vermisst.

In einem Interview mit der Agentur CIMAC Noticias berichtete Mercedes Doretti, Gerichtsmedizinerin und Leiterin des Teams, das Mitte 2005 seine Arbeit aufnahm, dass bis  Ende 2007 etwa 80 Leichen komplett bzw. auch unvollständig geborgen wurden. Die Untersuchung habe sich durch die weite Zerstreuung von Überresten und Belegen sowie nicht abgeschlossene Untersuchungen und mangelhafte Unterstützung vor Ort als langwierigerer Hindernislauf erwiesen. Trotz der Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft von Chihuahua sei das Team bei seiner Arbeit weitgehend auf sich gestellt gewesen, habe alle notwendigen Genehmigungen für seine Arbeit selbst eingeholt, Friedhofsregister und Gerichtsdokumente ausfindig machen müssen, Beerdigungen besucht und das Standesamt befragt.

Die Gruppe argentinischer Gerichtsmediziner war 2004 auf Bitte der Mexikanischen Kommission für die Verteidigung und Verbreitung der Menschenrechte CMDPDH (Comisión Mexicana de Defensa y Promoción de los Derechos Humanos) und der Vereinigung „Gerechtigkeit für unsere Töchter“ (Justicia para Nuestras Hijas) nach Ciudas Juárez gekommen, um die Aufklärung des Feminizids in der Wüstenstadt zu unterstützen und hat ihr Arbeitsfeld auf Bitte der CMDPDH mittlerweile auf die Stadt Chihuahua ausgeweitet.

Im zweiten Halbjahr dieses Jahres werde das Expertenteam der Staatsanwaltschaft, Nichtsregierungsorganisationen und den Angehörigen der Opfer einen umfassenden Abschlussbericht vorlegen, so Doretti. Er werde Informationen zur den identifizierten Überresten, den Todesursachen und der Zahl der Opfer, sowie darüber hinaus auch eine Reihe von Empfehlungen an die mexikanische Regierung enthalten.

Bei vielen Opfern handelt es sich um junge Indígenafrauen, die als Hausangestellte oder Fabrikarbeiterinnen fern von ihren Familien leben.

COSTA RICA

Regierung kann den CAFTA-Zeitplan nicht einhalten

Von Torge Löding

(San José, 4. Februar 2008, voces nuestras).- Costa Ricas konservativer Präsident Oscar Árias (PLN) bittet um Verlängerung. „Mir ist es nicht peinlich, als Bittsteller bei meinen Amtskollegen aufzutreten, wenn es um die Interessen meines Landes geht“, erklärte der Staatschef. Das Problem seiner US-freundlichen Regierung ist folgendes: Am 1. März 2006 ist das CAFTA-Freihandelsabkommen zwischen den USA, Mittelamerika und der Dominikanischen Republik im ersten Mitgliedsstaat El Salvador in Kraft getreten. Seither tickt die Uhr, denn innerhalb von zwei Jahren muss jeder Teilnehmer die nötigen Gesetze verabschieden, sonst ist er draußen.

Seit beim Referendum über das CAFTA in Costa Rica am 7. Oktober 2007 die Befürworter*innen des Freihandelsabkommens mit einem knappen „Ja“ gewannen, werden neoliberale Politiker*innen und Unternehmer*innen nicht müde zu behaupten, damit habe das costaricanische Volk auch dem Gesetzespaket zum CAFTA zugestimmt. Dabei sagte Präsident Árias noch im Juni des vergangenen Jahres vor Pressevertreter*innen, dass nicht das Paket – enthalten sind die Gesetze zur Privatisierung öffentlicher Betriebe und andere Regelungen, welche den Interessen multinationaler Konzerne entsprechen – zur Abstimmung stehe. Dieses werde er unabhängig vom Ausgang des Volksentscheides durch das Parlament bringen. Aber auch in Costa Rica gelten Politiker*innen als Meister der Wortakrobatik. Das habe er so gar nicht sagen wollen, hieß es, als klar war, dass 51 Prozent der Wählenden CAFTA zugestimmt hatten.

Anfang vergangener Woche erklärte die Regierung zunächst, es sei ausreichend, das Wirtschaftsministerium der USA um eine Fristverlängerung bitten, da Washington die Spielregeln für
CAFTA vorgegeben habe, hieß es in einer Mittelung aus dem Präsidentenpalast. Offenbar war das der US-Regierung dann aber ein zu peinliches Geständnis, widerspricht es doch der Legende von den angeblich multi-lateralen Verhandlungen, in denen zäh um die CAFTA-Regeln gerungen worden sei. Also mussten die Árias-Brüder ihre Aussage widerrufen; „Wir benötigen grünes Licht von den Regierungen aller anderen CAFTA-Staaten“, erklärte Rodrigo Árias am Donnerstag.

Damit liegt der Ball auch im Feld von Nicaraguas Präsident Daniel Ortega, dessen Land sowohl dem CAFTA angehört als auch der von Hugo Chávez initiierten „Bolivarischen Alternative für die Amerikas“ ALBA. Die Hoffnung der CAFTA-Gegner*innen dämpfte indes Nicaraguas Botschafter in Costa Rica, Harold Rivas. Der Diplomat sagte gegenüber der Tageszeitung La Nación: „Es besteht ein Gentlemen-Agreement, welches vorsieht, dass kein Land ein Problem damit haben dürfe, dem costaricanischen Parlament mehr Zeit einzuräumen“. 

KOLUMBIEN

FARC bestehen auf Chávez als Vermittler

(Buenos-Aires, 31. Januar 2008, púlsar).- Die kolumbianische Senatsabgeordnete Piedad Córdoba bestätigte am Mittwoch (30. Januar) in Washington D.C., die Guerillabewegungen FARC und ELN hätten ihr gegenüber „klargestellt, dass (Hugo) Chávez der Einzige sei, dem sie vertrauen und mit dem sie verhandeln würden.“

Piedad Córdoba von der kolumbianischen Liberalen Partei war im August 2007 vom kolumbianischen Präsidenten Álvaro Uribe zur offiziellen Vermittlerin für einen humanitären Gefangenenaustausch ernannt worden. Auch der venezolanische Präsident Hugo Chávez erhielt damals ein Verhandlungsmandat. Im November 2007 entzog Uribe beiden das Mandat wieder (siehe Poonal Nr. 791). Auf einem vom US-amerikanischen Zentrum für Politikanalyse „Interamerikanischer Dialog“ IAD (Inter-American Dialogue) in Washington organisierten Forum erklärte Piedad Córdoba nun, sowohl der humanitäre Austausch als auch ein Friedensschluss zwischen der Guerilla und der kolumbianischen Regierung müssten definitiv mit Hilfe von Caracas zustande kommen. Jegliche Aktion setze jedoch auch das Einverständnis des kolumbianischen Präsidenten Uribe voraus.

Darum versicherte die Senatsabgeordnete, der Konflikt zwischen Kolumbien und Venezuela sei künstlich. Gelöst werden müsse er von Chávez und Uribe. Córdoba zufolge sei der humanitäre Gefangenenaustausch „eine Tatsache, die das kolumbianische Volk akzeptieren sollte“. Sie bat die Regierung ihres Landes, eine politische Lösung des Konflikts zu entwerfen.

Piedad Córdoba erklärte, Hugo Chávez habe sich in den Augen der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens FARC (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia) gewisse Anerkennung verschafft, nachdem er unter anderem die Einbürgerung vieler kolumbianischer Bürgerkriegsflüchtlinge in Venezuela ermöglicht hatte.

Anführer der FARC zu 60 Jahren Haft verurteilt

(Buenos-Aires, 29. Januar 2008, púlsar).- Der Bundesgerichtshof der Vereinigten Staaten in Washington D.C. verurteilte am Montag, den 28. Januar den Anführer der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens FARC (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia) Ricardo Palmera, alias Simón Trinidad, auf Grund der Entführung dreier US-Amerikaner zu 60 Jahren Haft.

 

Simón Trinidad war wegen seiner Verantwortung für die Entführung von drei nordamerikanischen Agenten im Jahr 2003 angeklagt worden. Die Agenten waren bei der Durchführung von Aktionen im Rahmen des von den Vereinten Staaten finanzierten „Plan Colombia“ entführt worden.

 

Trinidad war im Dezember 2005 an die Vereinigten Staaten ausgeliefert worden, nachdem er 2003 in Ecuador gefangen genommen und noch im selben Jahr nach Kolumbien überwiesen worden war, wo gegen ihn juristische Anklagen wegen Rebellion, Entführung und Drogenhandel vorlagen.

 

Der Guerrilla-Aktivist stand 2006 bereits schon einmal wegen dem gleichen Fall vor Gericht.

Damals wurde sich das Gericht jedoch bezüglich einer direkten Verantwortung Trinidads nicht einig.

Die von der FARC entführten Agenten gehören zu den Gefangenen, die die Aufständischen versuchen, gegen inhaftierte Guerrilleros einzutauschen.

 

Die französische Regierung hat sich am Montag, den 28. Januar, gegen jegliche Aktionen des kolumbianischen Militärs ausgesprochen, die „die Leben der Entführten in Gefahr bringen könnten“. Der kolumbianische Präsident Álvaro Uribe hatte am Samstag, den 26. Januar, angeordnet, eine Region im Süden des Landes zu belagern, in welcher Gefangene der FARC vermutet werden.

ECUADOR

Organisationen treten für mehr Umweltrechte in der neuen Verfassung ein

(Fortaleza, 25. Januar 2008, adital-poonal).- Mehr als 500 Repräsentant*innen aus Dörfern, die vom Bergbau, von Wasserkraftwerken, Plantagenanbau, industrialisierter Krabbenzucht und anderen extraktiven Industriezweigen beeinträchtigt werden, sind am 25. Januar in der Stadt Alfaro, Montecristi, zusammengekommen, um der Verfassunggebenden Versammlung Ecuadors ihren Vorschlag für eine Umweltgesetzgebung in der neuen Verfassung vorzulegen.

Die Dörfer sind in verschiedenen Umweltschutzgruppen organisiert und arbeiten seit 2005 in der landesweiten Umweltversammlung A.N.A (Asamblea Nacional Ambiental) zusammen.

Die A.N.A. legt in ihrem Vorschlag dar, dass die neue Verfassung eine soziale und ökologische Komponente haben müsse: sie müsse die Menschenrechte der Bevölkerung und für die lokalen Bewohner*innen eines Gebiets die Bewahrung der ökologischen Ressourcen garantieren. So müsse die Entwicklung des Landes unter der doppelten Perspektive des Sozialen und der Ökologie betrachtet werden.

PERU

Fujimori-Prozess: Ex-Präsident erstmals der Mitwisserschaft beschuldigt

(Buenos-Aires, 30. Januar 2008, púlsar-poonal).- Im Prozess über die Massaker von Barrios Altos (1991) und La Cantuta (1992) wurde der unter Anklage stehende Ex-Präsident Perus Alberto Fujimori am 30. Januar erstmalig direkt der Mitwisserschaft beschuldigt. Das ehemalige Mitglied der paramilitärischen Gruppe Colina, Julio Chuqui Aguirre, versicherte, dass Fujimori volle Kenntnis über die Geschehnisse hatte, bei denen die aus Militärangehörigen bestehende Einheit 25 Menschen ermordete. Fujimori selbst beharrt seit Beginn des Prozesses darauf, dass er weder von der Existenz noch von den Aktivitäten der Gruppe Colina gewußt habe.

In seiner Zeugenaussage informierte Chuqui Aguirre über die Befehlskette und beschrieb, wie Informationen über die Aktivitäten der Einheit zum damaligen Präsidenten gelangten. Der Leiter der Gruppe Colina, Santiago Martín Rivas, informierte demnach direkt sowohl den damaligen Generalkommandeur des Militärs, Nicolás Hermoza Ríos, als auch Geheimdienstchef Vladimori Montesinos. Hermoza Rios und Montesinos wiederum seien damit beauftragt gewesen, die Aktivitäten der Gruppe Colina an Alberto Fujimori zu übermitteln.

Chuqui Aguirre verstärkte seine Beschuldigungen gegenüber dem Ex-Präsidenten und sagte, Fujimori sei nicht nur über die Aktivitäten informiert worden, sondern habe diese auch autorisiert. So habe der Leiter der Einheit Santiago Martín Rivas vor dem Einsatz in Barrios Altos zu ihm gesagt, dass „er grünes Licht vom Chino [Fujimori]“ für die Aktion habe.

Die Glaubwürdigkeit der Aussagen von Chuqui Aguirre wurde von Fujimoris Rechtsvertreter César Nakazaki in Zweifel gezogen. Chuqui Aguirre, so Nagazaki, habe in 26 Befragungen seit 2001 durch Polizei, Staatsanwälte und Richter über die betreffenden Ereignisse nicht in einheitlicher und widerspruchsfreier Weise berichtet.

Für den staatlichen Vertreter der Anklage, Oberstaatsanwalt José Antonio Peláez Bardales, ist jedoch nach den bisherigen Aussagen von insgesamt fünf ehemaligen Mitgliedern der Gruppe Colina klar, dass die Einheit struktureller Bestandteil des Militärs war. Sie konnte nach seinen Worten nur agieren, weil die höchsten Vertreter des peruanischen Staates – darunter Fujimori – die Aktivitäten der paramilitärischen Einheit autorisierten und schützten.

Vladimiro Montesinos, Nicolás Hermoza Ríos und Santiago Martin Rivas gehören zu den kommenden Hauptzeugen im Prozess. Von Montesinos und Martin Rivas wird erwartet, dass sie die Aussage verweigern. Weitaus offener ist, wie sich Hermoza Ríos verhalten wird. Er hat mit César Nakazaki den gleichen Rechtsvertreter wie Alberto Fujimori. Jedoch hat sich Hermoza Rios bereits zuvor erklärt und gesagt, dass Montesinos ihn ausdrücklich darüber informiert habe, dass Fujimori Kenntnis über die Aktivitäten der Gruppe Colina hatte.

Der Prozess gegen Fujimori läuft seit Anfang Dezember 2007. Unter Anklage steht der Ex-Präsident im Prozess über Menschenrechteverletzungen zudem wegen der Entführungen des Journalisten Gustavo Gorriti und des Unternehmers Samuel Dyer. Die Staatsanwaltschaft fordert für alle im Prozess verhandelten Fälle eine Haftstrafe von 30 Jahren für den ehemaligen Präsidenten.

BRASILIEN

Monsanto macht satte Gewinne durch genmanipuliertes Saatgut

(Fortaleza, 23.Januar 2008, adital). – Mit der dynamischen Entwicklung der durchschnittlichen Gewinnmargen bei landwirtschaftlichen Produkten, die auf dem Weltmarkt besondere Abnahmechancen haben, wie z.B. dem Ethanol, sind auch die Profite des amerikanischen Unternehmens Monsanto sprunghaft angestiegen.

So haben sich, laut Angaben der Zeitschrift „Der Spiegel“, die Umsätze von Monsanto in den ersten drei Monaten des Jahres 2007 fast verdreifacht, von 90 Mio. US-Dollar auf 256 Mio. US-Dollar. Der Produzent von gentechnisch verändertem Saatgut war somit der große Gewinner der gestiegenen Nachfrage nach Ethanol und der gestiegenen Lebensmittelpreise.

Doch nicht nur von Monsanto, sondern generell auf der ganzen Welt wird mehr gentechnisch verändertes Saatgut verwendet, so berichtet „Der Spiegel“ weiter. Dies geschehe v.a. in den USA, Brasilien und Argentinien.

Für José Batista de Oliveira, Mitglied des landesweiten Koordinationskreises der Landlosenbewegung MST (Movimento de Trabalhadores sem Terra), zeigen diese Zahlen die Marktmacht des multinationalen Unternehmens gegenüber den Landwirten und Bauern auf der ganzen Welt auf sowie auch, dass Monsanto das Abschöpfen der Profite aus dem internationalen Handel kontrolliert.

„Genmanipuliertes Saatgut ist nicht nur einfach ein gentechnisch veränderter Organismus, sondern es ist ein Produkt, das in Laboratorien geschaffen wurde und die Landwirtschaft der Finanzwelt und Industrie ausliefert. Diese nutzen gentechnisch veränderte Organismen dazu, das Saatgut zu kontrollieren und zwingen die Menschen dazu, ihre Produkte und Pestizide zu benutzen.

Rund 50 internationale Unternehmen kontrollieren die weltweite landwirtschaftliche Produktion. In Brasilien selbst kontrollieren ca. 50 Unternehmen den nationalen Agrarmarkt,  30 davon sind transnationale Unternehmen, 20 einheimische Firmen.

Kritik an Straflosigkeit

(Rio de Janeiro, 1. Februar 2008, púlsar).- Einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch zufolge ist die Straflosigkeit bei Verletzungen der Menschenrechte in Brasilien nach wie vor an der Tagesordnung. Der Text kritisiert die brasilianische Regierung, da sie keinerlei Anstrengungen unternehme, Militärs und Polizisten vor Gericht zu stellen, die in den Jahren der Militärdiktatur von 1964 bis 1985 für Folter, Entführungen und Morde verantwortlich gemacht werden. “Es ist sehr selten, dass Menschenrechtsverbrechen in Brasilien juristisch verfolgt werden,“ betont der Bericht.

Die NGO kritisiert darüber hinaus, dass eine Verfassungsrichtlinie von 2004, der zufolge Menschenrechtsverletzungen auf Bundesebene verfolgt werden sollten, bisher keinerlei Konsequenzen gehabt hat. Die Richtlinie von 2004 ermöglicht, dass die strafrechtliche Untersuchung wie auch der Gerichtsprozess auf Bundesebene stattfinden, sofern der Generalstaatsanwalt dies beim Obersten Gericht beantragt. Bis heute sei dies kein einziges Mal vorgekommen, kritisiert der Bericht von Human Rights Watch.

Gewaltsame Schließung des Freien Radios Resistencia FM

(Rio de Janeiro, 1. Februar 2008, púlsar).- Beamte der Bundespolizei und der Nationalen Kommunikationsbehörde Anatel haben Ende Januar das Freie Radio Resistencia FM gewaltsam geräumt. Der Sender war von der Landlosenbewegung MST (Movimento dos Trabalhadores Rurais Sem Terra) in nördlichen Bundesstaat Pará aufgebaut worden.

Die Beamten drangen schwer bewaffnet in die kleine Sendestation ein, schnitten die Telefonkabel durch und zerstörten technische Geräte sowie Infomaterial der Landlosen. Die Moderatorin, die gerade live auf Sendung war, wurde festgenommen und der Sender beschlagnahmt. Es ist bereits das zweite mal nach 2005, dass Resistencia FM geschlossen wird.

„Wir akzeptieren es nicht, dass unsere technischen Geräte „geraubt“ werden und dass Leute festgenommen werden, nur weil sie ihr Recht auf basisnahe Kommunikation ausüben. Resistencia FM wird sehr bald wieder auf Sendung sein,“ erklärte vor Ort der Aktivist Carlinho, der in der Presseabteilung der Landlosenbewegung MST tätig ist.

CHILE

Mapuche-Aktivistin beendet Hungerstreik

Von Gladis Torres Ruiz

(Mexiko-Stadt, 30. Januar 2008, cimac-adital-púlsar-poonal).- Die Mapuche-Aktivistin Patricia Troncoso hat ihren Hungerstreik nach 112 Tagen endgültig beendet. Die Aktivistin war aufgrund des chilenischen Anti-Terror-Gesetzes, das noch aus der Pinochet-Zeit stammt, zu einer 10-jährigen Haftstrafe verurteilt worden, weil sie 2001 auf einem Gelände Feuer gelegt haben soll. Das Gelände befindet sich im Besitz von Firmen der Holz- und Papierindustrie. Die Mapuche beanspruchen das Land jedoch als ihr ursprüngliches Stammesland (siehe Poonal Nr. 792).

Troncoso wollte den Hungerstreik eigentlich schon am 28. Januar beenden, nachdem die Regierung ihr und zwei weiteren Gefangenen zugesagt hatte, den Rest der Haftzeit in einer Einrichtung des offenen Vollzugs mit Ausgang an den Wochenenden ableisten zu können. Da der Oberste Chef der chilenischen Justizvollzugsbehörde „Gendarmería“ jedoch kein entsprechendes, rechtlich verbindliches Dokument u
nterzeichnen wollte, ließ die Gefangene über ihren behandelnden Arzt mitteilen, dass sie ihren am 10. Oktober vergangenen Jahres begonnenen Hungerstreik bis zur Erfüllung ihrer Forderungen fortsetzen werde.

Nun ließ die Regierung sich doch darauf ein, ein entsprechendes Dokument mit der Sprecherin Troncosos zu unterzeichnen. Noch Tage zuvor hatte der chilenische Innenminister

Edmundo Pérez Yoma erklärt: „Wir haben keinerlei Dokument ausgestellt und werden dies auch nicht tun. Als Garant ist Bischof Alejandro Goic zuständig“. Goic, der Vorsitzender der chilenischen Bischofskonferenz ist, hatte zwischen Troncoso und der Regierung bis zuletzt vermittelt. Er hat maßgeblich Anteil daran, dass die Regierung sich letztlich doch zu ihren Zusagen verpflichtet hat. In einem Brief an die Gefangene versicherte er, ihr Streik sei nicht umsonst gewesen, da „die Problematik der Mapuche nun in der chilenischen Gesellschaft diskutiert“ werde.

Troncoso hatte befürchtet, dass die getroffenen Vereinbarungen erneut gebrochen werden. Bei einem anderen Hungerstreik im Jahr 2006 hatten ihr drei christdemokratische Senatoren zugesichert, für ein Gesetz zur Amnestierung der inhaftierten Mapuche-Aktivist*innen zu stimmen und dies dann nicht eingehalten. Der Gesetzentwurf sah die Freilassung jener Gefangenen vor, die nach Aktionen zur Rückgewinnung ihres indigenen Landes aufgrund des Antiterror-Gesetzes oder anderer relevanter Straftatbestände verurteilt worden waren. Der Personenkreis war dabei auf jene Verurteilte beschränkt, denen Straftaten zwischen 1997 und 2005 zur Last gelegt wurden. Zudem sollten diese eine Gewaltverzichtserklärung abgeben. Bei der damals stattfindenden Abstimmung wurde der Entwurf dann jedoch nicht angenommen.

ARGENTINIEN

Versäumnisse bei der Suche nach verschwundenem Zeugen Julio López

(Buenos-Aires, 17. Januar 2008, púlsar).- Mehr als ein Jahr nach der ersten Suchaktion hat die Polizei von Buenos Aires am Donnerstag, den 17. Januar, erneut nach Julio López gesucht. López war Kronzeuge im Prozess gegen Miguel Etchecolatz, dem früheren Polizeikommandeur der Provinz Buenos Aires (siehe Poonal Nr. 737). Aufgrund der umfangreichen Aussagen López wurde Etchecolatz im September 2006 wegen Folter und Mordes während der Militärdiktatur zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Julio López verschwand noch am Tag der Urteilsverkündung.

In einer ländlichen Region der Provinz Buenos Aires vollzog die Polizei nun Schritt für Schritt genau jene Suche erneut, die sie nur fünf Tage nach dem Verschwinden López im September 2006 unternommen hatte.

Bundesrichter Arnaldo Corazza  hatte eine Wiederholung der Suchaktion angeordnet, nachdem ihm Beweise für Versäumnisse bei der ersten Fahndung nach López vorgelegt worden waren. Außerdem kündigte der Richter eine gründliche Überprüfung des Besitzers eines durchsuchten Landhauses sowie aller Polizeibeamten an, die an der ersten Suchaktion beteiligt gewesen waren.

Die argentinische Menschenrechtsorganisation Justicia Ya hatte bereits im Juni 2007 eine erneute Suchaktion gefordert. Ihr war bekannt geworden, dass Rubén Darío Durso, der Besitzer eines verdächtigen Anwesens, die Polizisten während der laufenden Durchsuchung zum Tee eingeladen hatte. Obwohl die Spürhunde verschiedene Hinweise und Spuren auf dem Gelände fanden, wurden diese nicht weiter beachtet. Außerdem deutete Durso mittlerweile an, dass einer der Polizisten während der Suche einen Schuh von Julio López am Gürtel getragen habe

Die Suchaktionen werden von der Polizei von Buenos Aires geleitet – dem selben Staatsorgan, dem Julio López die Schuld am Verschwinden und der Folter unzähliger Menschen während der Militärdiktatur gegeben hatte.

URUGUAY

Technische Panne lässt Zellstofffabrik von Botnia still stehen

(Buenos-Aires, 31. Januar 2008, púlsar-comcosur).- Ein Störfall legte Ende Januar die Zelluloseproduktion im Werk des finnischen Unternehmens Botnia an den Ufern des Rio Uruguay für 48 Stunden lahm. Es handelt sich bereits um den sechsten Zwischenfall in der Fabrik seit der Aufnahme der Produktion im November des vergangenen Jahres.

Der jüngste Produktionsausfall wurde durch ein fehlerhaftes Meßinstrument verursacht. Das daraufhin aktivierte Sicherheitssystem der Anlage schaltete den zentralen Heizkessel der Zellstofffabrik ab. Beim Versuch, die Produktion wieder anzufahren, entstand ein Leck in den Rohrleitungen der Papierfaserproduktion, so die Leiterin der Unternehmenskommunikation von Botnia Florencia Herrera gegenüber El País. Aus einem Tank trat zudem gebleichter Zellstoff aus.

Die fehlgeschlagene Wiederaufnahme der Produktion führte nach Aussagen von Florencia Herrera zu dem im uruguayischen Fray Bentos wahrnehmbaren starken Gestank. Die infolge des Störfalls entstandenen Abwässer seien nicht giftig, so Herrera weiter. Die Zellulosefabrik befindet sich nach Unternehmensinformationen gegenwärtig in der Anfahrphase. Der Störfall wurde als „nicht ungewöhnlich“ für den aktuellen Betriebszustand beschrieben. Der Betrieb der Anlage wurde mittlerweile wieder aufgenommen.

Aufgrund des Vorfalls von Ende Januar rief die Umweltinitiative der Bewohner*innen des argentinischen Gualeguaychú (Asamblea Ciudadana Ambiental de Gualeguaychú) zu Protesten gegen Botnia und den Betrieb der Zellulosefabrik in Uruguay auf.

Die Mitglieder der Initiative verteilten mit Unterstützung anderer Aktivist*innen Flugblätter vor dem Hafenterminal in Buenos Aires, von dem aus Schiffe nach Uruguay übersetzen.

Die argentinische Initiative versichert, dass Botnia ein ökologisches Ungleichgewicht in der Region verursache und kritisiert den Verstoß gegen das bilaterale Abkommen über die Nutzung des Río Uruguay, an dessen Ufern sich die Fabrik befindet.

Die Zellstofffabrik von Botnia in Fray Bentos ist die größte privatwirtschaftliche Investition in Uruguay und war in der jüngeren Vergangenheit Gegenstand heftiger Auseinandersetzungen zwischen den Regierungen Uruguays und Argentiniens. Argentinien befürchtet vor allem negative Auswirkungen auf die Ökologie der Flussgebiete, in die Botnia die behandelten Produktionsabwässer der Fabrik einleitet.

Als Rohmaterial für die Zellstoffproduktion dienen schnell wachsende und Grundwasser zehrende Eukalyptusbäume, die in der Region in ausgedehnten Plantagen, sogenannte grüne Wüsten, als Monokultur angebaut werden. Die Anlage hat eine Produktionskapazität von jährlich rund eine Million Tonnen Zellstoff. Aktuell liegt die Auslastung bei 90 Prozent. Mit dem von Botnia produzierten Zellstoff werden überwiegend Abnehmer in Europa und China beliefert.

Herausgeber: Nachrichtenpool Lateinamerika e.V. Köpenicker Straße 187/188, 10997 Berlin, Tel.: 030/789 913 61 e-mail: poonal@npla.de, Internet: http://www.npla.de/

Redaktion und Koordination: Eva Völpel

Übersetzungsteam: Andrea Kaden, Ania Müller, Barbara Kus, Benjamin Weber, Bettina Hoyer, Brigitta Kainz, Carolin Gehrmann, Carolina Könn, Christina Klug, Claudia Hecktor, Conny Gritzner, Cornelia Derler, Fabian Klein, Grit Petschick, Henrike Hochmuth, Ina Soetebeer, Jana Fleschenberg, Katharina Braig, Kathrin Fochtmann, Katrin Aue, Kerstin Westerbeck, Kristina Vesper, Lotta Petersmann, Lui Lüdicke, Mareike Hagemann, Nicole Romana Heigl, René Cofré Baeza, Ricarda Franzen, Sebastian Henning, Sebastian Landsberger, Silvia Weber, Steffi Ulrich, Thorsten Mense, Yvonne Stolz 

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