Neuer Prozess gegen Ríos Montt suspendiert

(Guatemala-Stadt, 08. Januar 2016, cerigua/poonal).- Eigentlich hätte am 11. Januar 2016 in Guatemala erneut der Prozess gegen den Ex-Militärdiktator José Efraín Ríos Montt beginnen sollen. Dies sei laut Amnesty International (AI) ein großer Test für das Rechtssystem des Landes und eine große Chance für Guatemala zu zeigen, dass es den Menschenrechten gegenüber verpflichtet ist. Erika Guevara-Rosas, Direktorin für die Region Amerika von Amnesty International erklärte im Vorfeld, dass „zehntausende Opfer der schrecklichen Verbrechen, die unter der Regierung von Ríos Montt begangen wurden, Jahrzehnte darauf gewartet haben, dass Gerechtigkeit geschieht.“ Man dürfe sie nicht zwingen, auch nur eine Sekunde länger zu warten.

Doch genau das ist passiert: Gleich nach Beginn hat das Tribunal B den Prozess gegen Ríos Montt und den ehemaligen Chef des militärischen Geheimdienstes José Mauricio Rodríguez Sánchez wieder suspendiert. Grund waren Einsprüche, sowohl von der Verteidigung, als auch von Menschenrechtsgruppen, die verlangen, dass der Prozess gegen beide Angeklagten getrennt geführt wird.

Guatemala stellt sich taub

„Die Haltung Guatemalas, sich taub zu stellen, wenn es darum geht, sich um mehrere hunderttausend Fälle von Folter, Mord und Verschwindenlassen zu kümmern, die während des bewaffneten Konfliktes begangen wurden, ist beschämend und illegal“, hatte die Direktorin hinzugefügt. Die einzige Form zu vermeiden, dass noch mehr Menschen diese Art von Verbrechen begingen, sei die, diese wissen zu lassen, dass sie sich vor Gericht und der Macht des Gesetzes verantworten müssten.

Die erneute Verschiebung des Prozesses bezeichnete Amnesty International denn auch als eine „Schande“ und eine „Ohrfeige für die Opfer“. Erika Guevara-Rosas erklärte, in dem Ríos Montt erneut der Justiz entkomme, spielten die guatemaltekischen Behörden ein grausames Spiel mit den zehntausenden Opfern, die es in der Amtszeit von Ríos Montt gegeben hat.

Montt wird für Völkermord verantwortlich gemacht

Ríos Montt muss sich wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord im Zusammenhang mit Mord und Folter von 1.771 Mitglieder des indigenen Volkes der Ixil-Maya verantworten. Außerdem für die Zwangsumsiedlungen zehntausender Menschen, als er zwischen 1982 und 1983 Präsident und Oberbefehlshaber der gualtemaltekischen Streitkräfte war.

Ríos Montt sollte in einem speziellen Prozess, der hinter verschlossenen Türen stattfiand, von Dritten vertreten werden. Das Gericht kann aufgrund des Gesundheitszustandes von Ríos Montt keine Gefängnisstrafe verhängen. Im Jahr 2013 hatte das Verfassungsgericht Guatemalas das Urteil gegen Ríos Montt wegen juristischer Verfahrensfehler aufgehoben.

Nach Angaben der Wahrheitskommission, den von den Vereinten Nationen unterstützt wird, wurden während des 36 Jahre dauernden Bürgerkrieges in Guatemala 200.000 Menschen ermordet oder verschwinden gelassen; mehr als 80 Prozent davon waren Indigene.

 

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