Indigene von traditionellem Land geräumt und Dorf angezündet

von Natasha Pitts

(Fortaleza, 15. September 2009, adital).- Aufgrund der Entscheidung des Regionalen Bundesgerichts der Dritten Region (TRF3) mußten 36 Familien der Guaraní-Kaiowá am elften September ihr Gebiet in dem Dorf Laranjeira Ñanderu (Bundesstaat Mato Grosso do Sul) räumen. Die Indigenen hatten das in der Gemeinde Río Brilhante liegende Gebiet vor fast zwei Jahren besetzt und auf die rechtliche Absicherung der Ländereien gewartet, die ihrer Meinung nach traditionell den Guaraní gehören. Das Land war ihnen zunächst auch vom Bundesgericht der Kreisstadt Dourados zugesprochen worden.

Doch diese Rückgabe wurde am 26. Mai von der Bundesrichterin und Vorsitzenden des TRF3, Marli Ferreira, widerrufen. Der Gemeinde blieben nun 90 Tage, um in dem Gebiet zu bleiben. In dieser Zeit sollte die staatliche Indígena-Behörde FUNAI (Fundación Nacional del Indio) Untersuchungen durchführen um herauszufinden, ob das besetzte Land tatsächlich traditionell den Guaraní gehört. Diese Arbeiten wurden jedoch nicht durchgeführt; statt dessen verhinderte das Gericht mit einer einstweiligen Verfügung weitere Untersuchungen.

Verschiedene lokale soziale Organisationen erklärten sich mit der Gemeinde solidarisch. Auch Amnesty International startete eine Kampagne gegen die Räumung der Guaraní. Doch der Gerichtsentscheid zwang sie, ihr kleines Stück Land zu räumen. Die über 130 Indigene, unter ihnen Alte und Kinder, wußten nicht, wo sie hinsollten und bauten schließlich ihre Zelte in der Nähe ihrer Hütten am Rand der Bundesstraße 163 auf.

Von dort konnten sie das Feuer sehen, das am 14. September ihre Hütten, Habseligkeiten und Kleintiere vernichtete. Das nun leerstehende Dorf war von Unbekannten angezündet worden. Es wird vermutet, dass die Täter im Auftrag von Großgrundbesitzern in Mato Grosso do Sul handelten. In derselben Nacht wurden die Indigenen zudem von den Brandstiftern eingeschüchtert, indem diese das abgebrannte Gelände mit Autos überwachten und ihre Scheinwerfer auf die Zelte am Straßenrand richteten.

Egon Heck, Koordinator des „Indianermissionsrats“ CIMI (Conselho Indigenista Missionário) aus Mato Grosso erklärte, daß die rechtliche Identifizierung von Ländereien der Guaraní-Kaiowá im Sand verlaufen sei. „Aufgrund des Drucks von Politikern und Farmern war es nicht möglich, diese Arbeit fertig zu stellen und schließlich wurde sie auf richterliche Anweisungen ganz gestoppt“, erklärte Heck.

Die Jahre des Kampfes der Indigenen seien von Diskriminierung und Rassismus begleitet worden, so Heck. „André Puccinelli, der Gouverneur von Mato Gross do Sul, hat klar gesagt, dass er die Indigenen weit weg sehen will, denn der Staat gehöre nicht den Indigenen und es sei absurd, ihnen auch nur einen Handbreit produktives Land zu geben“. Zu den Repressalien gehörten auch öffentliche Kampagnen, welche die Bevölkerung des Bundesstaates gegen die Indigenen aufbringen sollten und die Forderung enthielten, indigene Gebiete nicht anzuerkennen.

Im Moment zelten die Guaraní-Kaiowá weiterhin am Straßenrand – direkt gegenüber der Hazienda Santo Antonio de Nova Esperança, wo sich ihr traditionelles Land befindet. Es gibt vor Ort keine Basisversorgung mit Wasser, Essen oder Feuerholz. Zudem besteht die Gefahr, von Autos überfahren zu werden, die nur wenige Meter von den Wohnzelten entfernt mit hoher Geschwindigkeit vorbei fahren.

„Den Umzug der Indigenen mit ansehen zu müssen war sehr hart“, beklagte Egon Heck. „Kann man eine Gesellschaft, die sowas macht, als zivilisiert bezeichnen? Solange die Ländereien nicht rechtlich abgesichert werden, können wir auch nicht von Würde oder Menschenrechten sprechen.“

(Mehr Infos über die Guaraní-Kaiowá gibt es auch in unserem Beitrag im onda-info 214 über den Film „Birdwatchers“: http://www.npla.de/onda/content.php?id=910)

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