Freihandelsabkommen versus Integration

von Elsy Fors Garzon

(Havanna, 10. Oktober 2010, prensa latina).- Das Freihandelsabkommen zwischen Mittelamerika, der Dominikanischen Republik und den USA RD-CAFTA trat 2006 in Kraft. Jetzt haben Maßnahmen der Dominikanischen Republik zum Schutz der nationalen Industrie zu Streitigkeiten mit dem Freihandelspartner Costa Rica geführt. Costa Rica wertet die Maßnahme der Dominikanischen Republik als Verstoß gegen das Freihandelsabkommen. Letztere besteht auf ihr Vorgehen und kündigte an, sich gegen eine Beschwerde Costa Ricas auch vor der Welthandelsorganisation WTO zu verteidigen. Zwar sind beide Staaten auf wirtschaftliche Integration angewiesen, doch scheint das RD-CAFTA dafür nicht der richtige Weg zu sein.

Zankapfel Plastiksäcke

Trotz der Ratifizierung durch die Vertragsstaaten erntete das Abkommen vermehrt Kritik politischer und wirtschaftlicher Art. Es eröffnete eine breite Debatte über die Vor- und Nachteile, welche die Durchführung des Abkommens mit sich bringt. Grund der jüngsten Streitigkeiten ist die Einführung eines Zolles auf importiertes Schlauchgewebe und Säcke aus Polypropylen. Mit dem für einen Zeitraum von 18 Monaten erhobenen Zolltarif von 38 Prozent sollen die eigenen Produkte geschützt werden.

CEPAL: Freihandel nützt nur den USA

Diese Maßnahme treffe nicht nur Costa Rica, sondern jeden, der diese Produkte in die Dominikanische Republik einführe, so Maximina Santana, Präsidentin der dominikanischen Regulierungsbehörde für unlautere Handelspolitik (Comisión Reguladora de Prácticas Desleales del Comercio). Laut Santana ist der Import von Säcken aus Polypropylen, die zum Verpacken von Agrarprodukten verwendet werden, seit 2006 um 50 Prozent gestiegen. Dies füge der nationalen Industrie großen Schaden zu. Gespräche zwischen Regierungen und Handelsverbänden haben bislang zu keiner Lösung der Streitigkeiten geführt.

Einrichtungen wie die UN-Wirtschaftskommission CEPAL (Comisión Económica para América Latina y el Caribe) haben darauf hingewiesen, dass das Freihandelsabkommen RD-CAFTA keine wirkliche Lösung für die Probleme Mittelamerikas biete, da es einzig ein Werkzeug in Händen der stärksten Wirtschaftsmacht, den USA, sei. Selbst im US-amerikanischen Kongress gab es ernste Kritik hinsichtlich der Ratifizierung des Abkommens, bei dem nur knapp die Mindestanzahl der erforderlichen Stimmen erreicht wurde.

Mittelamerikanische Firmenpleiten durch US-Importe

Einige US-Abgeordnete vertreten die Ansicht, das RD-CAFTA führe zu noch mehr Arbeitslosigkeit und Kriminalität in Mittelamerika. Die stärksten Gegner*innen des RD-CAFTA verweisen auf das unterschiedlich große Kapital, aufgrund dessen mittelamerikanische Unternehmen keinerlei Konkurrenzchancen gegen US-amerikanische Unternehmen hätten. Jedoch müssten gemäß dem Freihandelsabkommen alle Parteien so behandelt werden, als erfüllten sie die gleichen Voraussetzungen. Die Tatsache, dass mittelamerikanische Produkte nicht mit den Preisen und der Qualität der US-amerikanischen Produkte konkurrieren können, wirkt sich auf das Verkaufsvolumen der mittelamerikanischen Produkte aus und führt zum Bankrott vieler Firmen, Landwirte und Kleinproduzent*innen. Werden Firmen geschlossen, steigt die Arbeitslosigkeit und dies auch ungeachtet der Vorteile für ausländische Investitionen.

Vor diesem Hintergrund florieren in Lateinamerika derzeit weniger ungerechte wirtschaftliche Integrationsprozesse als das CAFTA. Genannt seien der Gemeinsame Markt Südamerikas MERCOSUR, die Bolivarianische Allianz für die Völker unseres Amerika ALBA, die Union südamerikanischer Nationen UNASUR und die Andengemeinschaft CAN.

Falsche Grundannahmen bei CAFTA-Modell

Für die am RD-CAFTA beteiligten Staaten Guatemala, Costa Rica, El Salvador, Panamá, Honduras und die Dominikanische Republik gelten fast ausnahmslos dieselben Vertragsgrundlagen. Ohne sich gegenseitig zu ergänzen, stehen sie der Weltmacht USA, ihrem wichtigsten Handelspartner, gegenüber. In Mittelamerika und der Dominikanischen Republik leben insgesamt etwa 50 Millionen Menschen, die Bevölkerungszahl der USA ist sechsmal so hoch.

Von ihren Handelspartnern fordert die USA, die nationalen Märkte für US-amerikanische Güter zu öffnen und günstige Konditionen für ausländische Investoren zu schaffen. Auf dem US-Markt dagegen gelten hingegen für mittelamerikanische und dominikanische Produkte Beschränkungen in vielen Bereichen, wie etwa bei Arbeit, Menschenrechten, geistigem Eigentum und zahlreichen weiteren Forderungen.

Umsatzeinbußen seit Wirtschaftskrise

Im Jahr 2007, noch vor der internationalen Wirtschaftskrise, stieg laut US-Regierung der Handel zwischen den CAFTA-Staaten um 21 Prozent. Im Jahr 2006 lag das Handelsvolumen bei 3,8 Milliarden, 2007 bei 4,6 Milliarden US-Dollar. In den ersten sieben Monaten des Jahres 2009 wurden durch den regionalen Handel 900 Millionen US-Dollar erwirtschaftet, ein Minus von 261 Millionen US-Dollar gegenüber dem Vorjahr. Laut Luis Godoy, Leiter des Verbandes guatemaltekischer Exporteure, waren die am stärksten betroffenen Bereiche der Bausektor, chemische Produkte aus dem Rohstoffsektor und industrielle Erzeugnisse wie Glas, Plastik und Metalle.

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