Erst Repression, dann Befragung

(Buenos Aires, 26. September 2011, púlsar).- Nach einem Treffen mit indigenen Völkern des Nationalparks Isiboro Sécure am Sonntag, 25. September kündigte der bolivianische Präsident Evo Morales eine Volksbefragung über die durch diesen Park geplante Straße an. Nach der Zusammenkunft mit Vertreter*innen von 16 Völkern des indigenen Gebietes TIPNIS (Territorio Indígena Parque Isiboro Sécure) erklärte Morales, das Volk müsse entscheiden, ob es das Projekt unterstütze oder ablehne.

Kurz zuvor hatte die bolivianische Polizei einen Marsch von 600 Indigenen nahe der Stadt Yucumo gewaltsam aufgelöst. Die Polizei setzte massiv Tränengas und Gummiknüppel ein. Dabei wurde ein Kind getötet und zwei Polizisten durch Pfeile verletzt. Mehrere Demonstrant*innen wurden festgenommen und an verschiedene Orte gebracht. Die Indigenen hatten den Marsch am 15. August in Richtung La Paz in Bewegung gesetzt, um gegen die geplante Straße durch das als TIPNIS bezeichnete Gebiet zu protestieren. Am 24. September, dem Tag vor der Polizeiaktion, hatten sie Regierungsfunktionäre festgehalten und gezwungen, mit ihnen zu marschieren.

Regierungsfunktionäre festgehalten

Gegen diesen Marsch hatte sich eine Gegendemonstration organisiert, die das Anliegen der Indigenen in Frage stellt und sich in Yucumo im Department Beni befindet. Diese unterstützt den Bau der Trasse, der Beni mit dem Department Cochabamba verbinden soll.

Am 25. September wurden Polizeieinheiten entsandt, um den Marsch der Indigenen aufzulösen, um Auseinandersetzungen zwischen beiden Gruppen zu vermeiden, wie es hieß. Teilnehmer*innen des Marsches beklagten, die Polizei habe exzessiv Gewalt eingesetzt.

Verteidigungsministerin zurückgetreten

Am darauffolgenden Montag, 26. September erklärte Verteidigungsministerin Cecilia Chacón ihren Rücktritt. Sie könne die Art und Weise des staatlichen Vorgehens gegen den Marsch nicht vertreten.

Auch Evo Morales kündigte die Einrichtung einer hochrangigen Untersuchungskommission an. Die Ereignisse während der Auflösung des Marsches bezeichnete Morales als „unverzeihlich“. Zudem kündigte er eine vorläufige Suspendierung des Straßenbaus an.

Wer gab den Befehl?

Unterdessen herrscht Unklarheit darüber, wer den Befehl zur Auflösung des Marsches gegeben hat. Innenminister Sacha Llorenti erklärte, die Polizeiaktion sei auf Anordnung der Staatsanwaltschaft erfolgt. Diese wiederum verneinte, eine gewaltsame Auflösung angeordnet zu haben.

Unterdessen begannen die Demonstrant*innen am Montag, sich neu zu formieren, um den Marsch in Richtung La Paz fortsetzen zu können.

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