Ermittlungen im Mordfall Marielle Franco bald auf Bundesebene?

(São Paulo, 7. November 2018, Brasil de Fato/ poonal).- Bald könnte im Mordfall Marielle Franco und Anderson Gomes auf Bundesebene ermittelt werden. Am 6. November hat die Abgeordnetenkammer den Antrag angenommen, der die Übergabe des Mordfalls an die Bundesbehörden fordert. Momentan liegt die Zuständigkeit für den Fall bei der Polizei des Bundesstaates Rio de Janeiro, deren Einsätze in den Favelas Marielle Franco immer wieder kritisierte. Die Politikerin und ihr Fahrer wurden vor acht Monaten, am 14. März dieses Jahres im Zentrum von Rio de Janeiro von Unbekannten erschossen.

Vor 14 Jahren wurde ein Rechtsinstrument geschaffen, das eine Ermittlung auf Bundesebene ermöglicht, wenn die Straftaten Menschenrechtsverletzungen einschließen. In Marielle Franco und Anderson Gomes‘ Fall wurde der Antrag einstimmig durch einen externen Ausschuss genehmigt, der den Fall begleitet. Eine weitere Zustimmung durch eine Plenarsitzung ist nicht notwendig. Der Ausschuss wird nun ein Schreiben an die Generalstaatsanwaltschaft schicken, die anschließend ein direktes Gesuch an den Obersten Gerichtshof stellt. Dieser entscheidet letztlich über die Änderung der Zuständigkeit.

Bei Menschenrechtsverletzungen kann auf Bundesebene ermittelt werden

Die Antragstellerin Maria do Rosário, Abgeordnete für die Arbeiterpartei PT (Partido dos Trabalhadores) ist zuversichtlich. Obwohl dieses Rechtsinstrument bisher sehr selten eingesetzt wurde, hatte der Oberste Gerichtshof in ähnlichen Fällen die Übergabe der Ermittlungen auf Bundesebene bereits genehmigt. So im Fall Manoel Mattos: Der Menschenrechtsverteidiger wurde ermordet, nachdem er öffentlich einen Todesschwadron angeprangert hatte, der zwischen den Bundesstaaten Pernambuco und Paraíba im Nordosten Brasiliens agierte. Damals hatte der Oberste Gerichtshof sowohl die Tat als Menschenrechtsverletzung bezeichnet, als auch den Staat Brasilien darauf hingewiesen, dass er als Unterzeichner von Internationalen Menschenrechtsabkommen, diesen auch nachkommen müsse. Außerdem hob der Oberste Gerichtshof die Unfähigkeit der bundesstaatlichen Institutionen und Behörden bei der Strafverfolgung hervor, „sei es aufgrund von Nachlässigkeit, Unterlassung, Trägheit, Ineffizienz oder mangelndem politischen Interesse“. Maria do Rosário betont, dass der Fall von Marielle Franco und Anderson Gomes die gleichen Voraussetzungen habe und daher eine umfassende Untersuchung erfordert: „Wir wollen, dass der Staat Brasilien mithilfe der Bundesbehörden seiner Verantwortung nachkommt. Der Staat ist dafür verantwortlich, aufzuklären, wer Marielle getötet, wer den Auftrag gegeben, wer ihn ausgeführt, wer dafür gezahlt hat und was die Morde bedeuten. Doch bis jetzt sehen wir nicht, dass dafür die Voraussetzungen gegeben sind“, so Maria do Rosário.

Zweigleisige Ermittlungen

Seit am 1. November eine Untersuchung durch die Bundespolizei eingerichtet wurde, wird der Fall parallel von zwei Behörden untersucht. Zum Einen soll die Bundespolizei klären, ob es eine Gruppe des organisierten Verbrechens gibt, die die Aufklärung des Falles verhindern möchte. Auf der anderen Seite sollen die Behörden des Staates Rio de Janeiro die Umstände des Doppelmordes aufklären. Wenn der Oberste Gericht den Antrag annimmt, würde auch die Aufklärung des Falles auf Bundeseben fortgeführt.

Glauber Braga, Politiker der Partei Sozialismus und Freiheit PSOL (Partido Socialismo e Liberdade), ist Teil des Ausschusses, der den Fall begleitet und versichert, dass die bisherigen Erkenntnisse der bundesstaatlichen Polizei und Staatsanwaltschaft in die Arbeit der Bundespolizei einfließen werden. Die drei Behörden sollten -auch wenn noch keine endgültige Entscheidung gefallen ist- bereits jetzt mit der Zusamemnarbeit beginnen. Glauber Braga sieht hier die Notwendigkeit zu einer schnellen Aufklärung des Falls und meint „es kann nicht sein, dass wir auf Grundlage von Informationen über den Fall sprechen, die die Polizei des Staates Rio de Janeiro über die Presse freigibt. Brasilien braucht konkrete Antworten“. Bislang unterliegen die laufenden Untersuchungen der Geheimhaltung.

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