Drei Jahre nach dem Massaker von Curuguaty: Straffreiheit und noch immer kein Prozess

Prozessbeginn für den 22. Juli 2015 erneut angesetzt

Bei der Auseinandersetzung starben elf Bauern und sechs Polizisten, wobei die Opfer noch immer auf Gerechtigkeit und Schadensausgleich warten.

Darauf gibt es für die Opfer immer noch keine Antwort. Nach dem Zusammenstoß wurde den Kleinbauern und Kleinbäuerinnen vorgeworfen, in das Massaker verwickelt zu sein. Die Staatsanwaltschaft beruft sich auf Aussagen der Beamten, die an der Operation beteiligt waren und hält an der Anschauung fest, dass die Polizisten einem durch die Landbesetzer*innen verübten Angriffes aus dem Hinterhalt zum Opfer gefallen seien.

Die 16 Verhafteten stehen bereits seit drei Jahren unter Präventivhaft, wobei nur einer von ihnen davon die Strafe nicht unter Hausarrest verbüßt. Der Prozess, der zunächst für Juni 2014 geplant war, wurde bereits drei Mal verschoben. Das jetzt angesetzte Datum für den Prozessbeginn ist der 27 Juli.

Wem gehört das Land?

Die Verteidigung prangert an, dass ein Großteil der Kleinbauern und Kleinbäuerinnen aufgrund des Eindringens und Lagerns auf eine Landfläche angeklagt sei, wobei bisher noch nicht einmal gerichtlich geklärt worden ist, in wessen Besitz sich das Land  überhaupt befindet. „Marina Kue“, das Gebiet, auf dem sich das Massaker abspielte, bedeutet in Guaraní „Land der Marine“.

Die 2.000 Hektar Land gehörten bis 1990 der Marine Paraguays, die es im selben Jahr räumte, wodurch es an den Staat zurückfiel. Der Unternehmer Blas Riquelme, dreimaliger Senator der rechtskonservativen Partei Partido Colorado, beanspruchte das als Naturreservat von Morumbi bekannte Landeigentum, [welches nach dem Unternehmen Campos Morumbí der Gruppe Riquelme benannt ist] für sich. Seit mindestens fünf Jahren siedeln dort etwa 40 Kleinbauernfamilien und fordern eine landesweite Agrarreform.

Konflikte aufgrund ungleicher Landverteilung

In Paraguay herrscht eine der höchsten Konzentrationen an Landflächen weltweit. Soja ist dabei eine der wichtigsten Investitionsquellen der landwirtschaftlichen Industrie. Dem landwirtschaftlichen Zensus von 2008 zu Folge, besitzen 2,6 Prozent der Landeigentümer*innen 85 Prozent der anbaufähigen Fläche des Landes. Hingegen verfügen 91,4 Prozent der Bauern und Bäuerinnen über nur 6 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche.

Derzeit werden 92 Prozent der anbaufähigen Flächen Paraguays zur Nahrungsmittelproduktion genutzt, wobei diese allein für den Export bestimmt sind. Das Land ist der viertwichtigste Produzent und der sechstgrößte Exporteur von Soja weltweit. In diesem Zusammenhang sind die Landkonflikte ein immer wiederkehrendes Phänomen.

Verfolgung von Aktivist*innen im Fall Curuguaty

Vorwürfen zu Folge werden Anführer*innen und Aktivist*innen sozialer Bewegungen seitens der Polizei und von den „capangas“, den Leibwächter*innen der Grundgrundbesitzer*innen, immer wieder verfolgt und bedroht.

Im Dezember 2012 war der Kleinbauernführer Vidal Vegas, Zeuge des Massakers – einer Landlosen-Kommission von Marina Kue -, von bewaffneten Männern erschossen worden. In diesem Mordfall wird jedoch nicht im Zusammenhang mit dem Prozess des Massakers ermittelt. Auch ist von Verhaftungen und außergerichtlicher Folter die Rede, welche bei den offiziellen Ermittlungen ebenfalls nicht berücksichtigt werden.

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