Ayotzinapa: Mit brutaler Polizeiabschreckung und Manipulationen gegen Proteste und Unbeteiligte

(Berlin, 26. November 2014, poonal).- Nach der absolut friedlichen Massendemonstration vom 20. November für die 43 verschwundenen Studenten von Ayotzinapa gab es im Anschluss Auseinandersetzungen einer kleinen vermummten Gruppe mit der Polizei. Wie Fotos belegen, schlugen die Uniformierten dabei mit äußerster Brutalität auch auf völlig Unbeteiligte ein. Elf der im Anschluss Verhafteten – acht Männer und drei Frauen – wurden in zwei von der Hauptstadt weit entfernten Hochsicherheitsgefängnisse in den Bundesstaaten Nayarit und Veracruz transportiert.

Die inzwischen etwas abgeschwächte Anklage lautete ursprünglich auf „Terrorismus, Aufstand, Bildung einer kriminellen Vereinigung und versuchter Mord”. Der Vorgang ist zusätzlich brisant, weil sich unter den Verhafteten ein 47-jähriger chilenischer Doktorand befindet. Nach allen bisher vorliegenden Informationen war er wie auch weitere Verhaftete in keinster Weise an den gewalttätigen Auseinandersetzungen beteiligt. Alle Elf haben die Anklagepunkte zurückgewiesen. Am Samstag, den 29. November wurden alle elf Angeklagten aus Mangel an Beweisen wieder auf freien Fuß gesetzt.

Alle elf „Terrorverdächtigen“ wieder frei

Ob sich unter den Verhafteten überhaupt ein einziges Mitglied der vermummten Gruppe befindet, die die Krawalle mit der Polizei anzettelte, ist unklar. Bei den Vermummten soll es sich angeblich um Mitglieder radikaler anarchistischer Gruppen handeln. Es gibt aber zahlreiche Vermutungen und Hinweise, dass gezielt Provokateure in diese Gruppen infiltriert werden, um gewalttätige Konflikte zu produzieren. Auf jeden Fall bildete ihre Aktion einen guten Vorwand für den Polizeieinsatz. Die Botschaft der Regierung zielt klar auf Abschreckung: Wer an einer friedlichen Demonstration teilnimmt muss immer damit rechnen, Prügel zu beziehen – und möglicherweise auf einmal als Terrorist dazustehen.

An dem Einsatz waren neben der Bundespolizei auch Polizeieinheiten aus Mexiko-Stadt beteiligt, die ihren Kolleg*innen an Prügelfreude nichts nachstanden. Mexiko-Stadt wird von der Partei der Demokratischen Revolution (PRD) regiert, hat aber in Sicherheitsfragen ein enges Verhältnis zur regierenden Revolutionären Institutionellen Partei (PRI) von Präsident Enrique Peña Nieto entwickelt. Trotz aller öffentlicher Kritik am Polizeivorgehen beglückwünschten Regierungsautoritäten auf Bundes- und Stadtebene ihre Einsatzkräfte für ihr Vorgehen ausdrücklich.

Adrían Ramírez, Vorsitzender der Mexikanischen Liga zur Verteidigung der Menschenrechte, sprach im Kontext der Vorgänge von einer „Nutzung des Rechts, um die Gerechtigkeit zu prostituieren”. Víctor Hugo López, Leiter des Menschenrechtszentrums Fray Bartolomé de las Casas von einem die Grenze überschreitenden „Staat, der das Gesetz nur nutzt, um die Repression zu rechtfertigen.”

Angesichts der Vorfälle in Mexiko-Stadt sind die Maßnahmen der Autoritäten im Bundesstaat Chihuahua fast schon rührend. Dort bekam die Regierung offenbar kalte Füße. Die Oberstufenschüler wurden dort kurzfristig schon 16 Tage früher in die Weihnachtsferien entlassen. Das Semester an den Universitäten von Chihuahua und Ciudad Juárez wurde um acht Tage verkürzt.

Betroffen sind 120 000 Schüler und Studenten. Angeblich handelt es sich um eine Vorsichtsmaßnahme vor einer Kaltfront, allerdings haben Grund- und Mittelschüler weiter Unterricht. Die Entscheidung fällt, nachdem Studenten am 20. November, dem Tag der mexikanischen Revolution, als Teilnehmer des traditionellen Defiliermarsches direkt vor dem Gouverneur César Duarte eine Protestperformance für die verschwundenen Studenten durchführten.

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