Wieder Morde an Journalist*innen in Veracruz und Oaxaca

von Gerd Goertz

(Mexiko-Stadt, 12. Februar 2016, npl).- Es ist eine brutale Fortsetzungsgeschichte. Die Liste von Journalistenmorden in Mexiko ist noch länger geworden. Am Mittwoch, 10. Februar wurde im Bundesstaat Puebla die Leiche der 27-jährigen Polizeireporterin Anabel Flores Salazar gefunden. Flores wurde erstickt. Sie war nach Angaben von Familienangehörigen zwei Tage zuvor von mehreren bewaffneten und uniformierten Männern aus ihrer Wohnung in der Kleinstadt Mariano Escobedo im Nachbarbundesstaat Veracruz verschleppt worden. Sie arbeitete für die Zeitung „El Sol de Orizaba“. Die Staatsanwaltschaft von Veracruz verfiel in ihre bewährte Taktik, das Opfer in die Nähe der organisierten Kriminalität zu rücken. Von den Tätern gibt es bisher keine Spur. Flores hinterlässt ein wenige Wochen altes Baby und ein zweijähriges Kind. Anabel Flores mitgezählt, sind seit 2010 unter der Amtszeit des Gouverneurs Javier Duarte de Ochoa 17 Journalist*innen des Bundesstaates umgebracht worden, bis auf wenige Ausnahmen in Veracruz selbst. Die Regierung des Gouverneurs, der für seine Abneigung gegen kritische Pressevertreter*innen bekannt ist, hat bisher keinen einzigen dieser Morde wirklich aufgeklärt.

Erst am 21. Januar war im Landkreis Santiago Jamiltepec im Bundesstaat Oaxaca der Journalist Marcos Hernández Bautista erschossen worden. Der Korrespondent der Tageszeitung „Noticias Voz e Imagen de Oaxaca“, der für weitere Medien arbeitete, engagierte sich zudem lokalpolitisch als Gemeindevertreter für die linke Morena-Partei. Während sich sowohl die Unesco-Generaldirektorin Irina Bokova als auch die Interamerikanische Menschenrechtskommission CIDH zu seiner Ermordung äußerten und Aufklärung forderten, haben die mexikanischen Behörden weitgehend zu diesem Verbrechen geschwiegen. Nach Informationen der CIDH hatte Hernández Angst vor Repressalien ausgedrückt, weil er mit seinen Artikeln „politische Interessen und die der Lokalfürsten“ beeinträchtigte. Oaxaca hat sich in den vergangenen Jahren nach Veracruz zu einem der für Journalist*innen gefährlichsten Bundesstaaten in Mexiko entwickelt.

Insgesamt sind in dem Land seit Anfang 2000 etwa 100 Journalist*innen umgebracht worden. Weitere zwei Dutzend gelten als unter Gewaltanwendung „verschwunden“. Erst vor Kurzem veröffentlichte die internationale Organisation Artikel 19 einen Sonderbericht zu den verschwundenen Medienarbeiter*innen in Mexiko. Darin wird auf die staatlichen Defizite bei den Ermittlungen sowie den fehlenden Willen, diese schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen ausreichend zu untersuchen, hingewiesen. Zu den Morden und dem Verschwindenlassen gesellen sich die alltäglichen Drohungen und Einschüchterungsversuche, unter denen Journalist*innen und Medien zu leiden haben. Im Rahmen der Proteste von Kolleg*innen gegen den Mord an Anabel Flores wurde beispielsweise ein Journalist des Wochenmagazins „Proceso“ anonym per Twitter bedroht, ein weiterer Journalist desselben Mediums persönlich.

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