Richterin die Ríos Montt verurteilte für ein Jahr suspendiert

von Redaktion

(Mexiko-Stadt, 07. April 2014, cimac-poonal).- Yassmín Barrios Aguilar, Vorsitzende Richterin des Hochsicherheitsgerichts A in Guatemala, die im Mai 2013 den Ex-Diktator Efraín Ríos Montt wegen des Mordes an Tausenden Ixil-Indigenen während des Bürgerkriegs zu 80 Jahren Haft verurteilt hatte, ist am vergangenen 4. April aufgrund ihrer Prozessführung im Fall Ríos Montt für ein Jahr von der Anwaltskammer von ihren Amt suspendiert worden. Außerdem wurde sie zur Zahlung einer Geldstrafe verurteilt.

Anwaltskammer: Barrios sei ein „schwerwiegender Fehler“ unterlaufen

Moisés Galindo, ein Verteidiger des Ex-Diktators, hatte Richterin Barrios vorgeworfen, diese habe sich am ersten Verhandlungstag „respektlos“ gegenüber Galindo verhalten. Das bei der Anwaltskammer für Disziplinarfragen zuständige „Ehrengericht der Anwält*innen und Notar*innen Guatemalas“ CANG (Tribunal de Honor del Colegio de Abogados y Notarios de Guatemala) urteilte nun zugunsten von Galindo.

Das Verhalten von Barrios sei als „schwerwiegender Fehler“ zu werten, weil Barrios so den beruflichen Ethikkodex verletzt habe und dies die Glaubwürdigkeit des Justizsystems in Frage stelle, entschied der Vorsitzende des Disziplinarverfahrens, Manuel Alfredo Marroquín Pineda. Yassmín Barrios muss zudem eine Geldstrafe von 5.000 Quetzales (ca. 455 Euro) zahlen. Außerdem wird eine „öffentliche Abmahnung“ in der Tageszeitung mit der landesweit höchsten Auflage sowie in zwei Radiosendern und zwei Fernsehprogrammen verbreitet.

Die Anzeige war am 4. April 2013 von Anwalt Moises Galindo vorgebracht worden, der zunächst nur den ehemaligen Geheimdienstchef unter der Regierung Ríos Montt, José Mauricio Rodríguez Sánchez, verteidigte. Als die Richterin den Verteidiger von Ríos Montt, Francisco García Gudiel, vom Fall entfernte, bestimmte sie, dass Galindo sowie César Calderón die neuen Anwälte von Ríos Montt werden sollten.

Barrios will Entscheidung der Anwaltskammer anfechten

Galindo führte an, dass er – als er als neuer Anwalt bestimmt worden war – um das Wort bat, sie ihm dies aber verweigert und stattdessen erwidert haben soll: „Ich bitte Sie nicht, ich befehle es Ihnen“, woraufhin das anwesende Publikum über ihn gelacht und er „sich in seiner Ehre verletzt“ gefühlt habe.

Angesichts des Urteils der Anwaltskammer beklagte die Richterin, die zuvor bereits dem Prozess wegen des Mordes an Bischof Juan Gerardi und dem Prozess um das Massaker an der indigenen Gemeinschaft von Dos Erres vorstand, gegenüber lokalen Medien, dass es sich um „ein ungerechtes Urteil handelt, das die Befugnisse der Kammer übersteigt“, weshalb sie entsprechende Rechtsmittel einlegen werde.

Ähnliches Vorgehen wie gegen Staatsanwältin Claudia Paz y Paz

Darüber hinaus beklagte sie, dass mit ihrer Suspendierung die Tür für die Straffreiheit und Korruption weit geöffnet worden sei, weil es nun die Gefahr gäbe, dass „jede Person ohne weitere Grundlage einen Richter anklagen kann, um einer Verurteilung zu entgehen“. Barrios Aguilar war erst vor kurzem von der US-Regierung mit dem „International Women of Courage Award“ für couragierte Frauen ausgezeichnet worden.

Bemerkenswert ist, dass in einem ähnlichen Fall bereits Maßnahmen gegen Claudia Paz y Paz ergriffen worden waren, die als erste Staatsanwältin des Landes, einen Prozess gegen Ríos Montt wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angestrengt hatte. Im Februar hatte das Verfassungsgericht angeordnet, dass ihr Mandat als Generalstaatsanwältin bereits im kommenden Mai beendet wird, statt wie vorgesehen, im Dezember 2014.

Straffreiheit und diskriminierende Mechanismen

Diese Entscheidung, die auf eine Klage durch den Anwalt Ricardo Sagastume zurückgeht, hatte zu wütenden Protesten von Menschenrechtsverteidiger*innen aus dem In- und Ausland geführt. Sie kritisierten, dass die Entscheidung des Gerichts genau die diskriminierenden und von Straffreiheit geprägten Mechanismen offen legten, gegen die Paz y Paz und ihr Team angekämpft hatten.

Der Prozess gegen Ríos Montt befindet sich zurzeit in der Schwebe. Wenige Tage nachdem Montt am 10. Mai 2013 durch Richterin Yassmín Barrios Aguilar zu 80 Jahren Gefängnis verurteilt worden war, hatte das Verfassungsgericht Guatemalas das Urteil aufgehoben, weil diesem Angeklagten kein fairer Prozess zuteil geworden sei. Stattdessen wurde angeordnet, den Prozess ab dem Zeitpunkt der Beweisaufnahme neu aufzurollen.

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