Neues Anti-Banden-Gesetz in der Kritik

von Edgardo Ayala

(Lima, 12. November 2010, noticias aliadas).- Das Gesetz zur Ächtung krimineller Banden ist im September vom salvadorianischen Kongress verabschiedet worden. Noch zeigt es nicht die Wirkung, die sich die Exekutive davon erhofft hatte. Vielmehr wird weiterhin kritisiert, dass sich dieses Gesetz nur wenig von denen früherer Regierungen unterscheide, welche lediglich auf hohe Medienwirksamkeit abzielten.

Das „Gesetz zur Ächtung der Maras, Banden, Gruppierungen, Vereinigungen und Organisationen kriminellen Charakters“, trat am 19. September in Kraft. Es war die Antwort der Regierung des Präsidenten Mauricio Funes auf die Gewaltspirale durch die zwei wichtigsten Banden des Landes und Mittelamerikas, der Mara Salvatrucha und der M18. Es wird geschätzt, dass die beiden Gruppen in El Salvador etwa 20.000 Mitglieder zählen.

Ihren Gipfel erreichte die Eskalation am 20. Juni, als eine Gruppe der M18 einen Kleinbus des öffentlichen Verkehrs in Brand setzte und dabei 14 Menschen tötete. Dies löste eine breite Welle der Ablehnung aus und veranlasste die Regierung dazu, das Gesetz voranzutreiben. Ob das Gesetz wirksam ist, wird sich noch zeigen.

Banden immer brutaler

Die Banden oder „Maras“ entstanden in den 80er Jahren, als das Phänomen der US-Bandenwesens, das von abgeschobenen Salvadoreños nach El Salvador eingeschleppt worden war, dort auf Armut und soziale Vernachlässigung traf. Anfangs waren es „la vida loca“, das „verrückte Leben“, und die Verteidigung ihres Stadtteils, dem sich die Gruppen widmeten. In den letzten Jahren jedoch haben sich Verbindungen zum organisierten Verbrechen etabliert und die Banden zeigen immer brutalere Formen von Gewalt.

„Unsere Untersuchungen haben eine ständige Veränderung des Phänomens festgestellt, in Bezug auf höhere Gewaltausübung, bessere innere Organisation, höheren Konsum an halluzinogenen Drogen und vermehrten Einsatz großkalibriger Waffen“, erklärte Janeth Aguilar in einem Gespräch mit Noticias Aliadas. Janeth Aguilar ist Direktorin des Universitätsinstituts für Öffentliche Meinung IUDOP (Instituto Universitario de Opinión Pública) der Universidad Centroamericana José Simeón Cañas. Sie ist zudem Mitglied der zentralamerikanischen Koalition zur Vorbeugung von Jugendgewalt (Coalición Centroamericana para la Prevención de la Violencia Juvenil).

Kaum Unterschiede zu früherer Gesetzgebung

Das neue Gesetz sieht vor, die Zugehörigkeit zu Banden und anderen kriminalisierten Gruppen zu ächten. Den Gruppenanführern droht eine Gefängnisstrafe von bis zu zehn Jahren, während jene, die diese Strukturen finanzieren, sieben Jahre Gefängnis erwartet. Außerdem sollen ihre Bankkonten eingefroren und Hab und Gut beschlagnahmt werden. Allerdings unterscheidet sich die gesetzliche Regelung wenig von früheren Plänen, die mit „harter Hand“ von der rechtsgerichteten Regierung Alianza Republicana Nacionalista (ARENA) umgesetzt wurden. ARENA war 20 Jahre lang an der Macht, bis im März 2009 zum ersten Mal die ehemalige Guerillaorganisation Frente Farabundo Martí para la Liberación Nacional (FMLN) die Präsidentschaft gewann.

Der spezielle Umgang, den das Gesetz für minderjährige Bandenmitglieder vorsieht, gehört zu den wenigen Unterschieden zu früheren Regelungen. Sie sollen auf Basis der Gesetzgebung für Jugendliche behandelt werden und dürfen nicht mehr wegen ihres Äußeren verfolgt werden. In der Vergangenheit war diese Kriminalisierung der Bekleidung und der Tätowierungen der Jugendlichen eines der Argumente des Obersten Gerichtshofes, im Jahr 2004 das ein Jahr zuvor beschlossene Anti-Mara-Gesetz für verfassungswidrig zu erklären. Aber ansonsten handelt es sich um ein Gesetz, dessen Ziel sich im Grunde mit jenem früherer Regierungen deckt: die Banden zu verfolgen ohne genau zu wissen, wie. Denn gemäß allgemein gültigen Rechtsgrundsätzen kommen Personen ins Gefängnis für Verbrechen, die sie begangen haben und nicht für solche, die sie begehen könnten, wie es anscheinend die Prämisse des neuen Gesetzes ist.

Zweifel an der Durchführbarkeit des Gesetzes

Die Behörden behaupten, die Durchführbarkeit des Gesetzes basiere auf Artikel 345 des Strafgesetzbuchs der bestimmt, wann eine Organisation als illegal oder kriminell einzustufen ist: „Widerrechtlich sind temporäre oder permanente Vereinigungen und Organisationen mit drei oder mehr Mitgliedern dann, wenn sie einen Organisationsgrad erreicht haben, zu dessen Zielen das Begehen von Verbrechen zählt.“ Das Problem dabei ist, dass durch das Gesetz zum einen Banden per se geächtet werden und zum anderen die Generalstaatsanwaltschaft beweisen muss, dass die Struktur der Bande dazu dient, ein Verbrechen zu begehen. Und das zu beweisen ist schwer.

„Wie soll bewiesen werden, dass eine Gruppe gegründet worden ist, um ein Verbrechen zu begehen? Das ist unsachlich“, so der Beauftragte zur Verteidigung von Menschenrechten, Oscar Luna, im Gespräch mit Noticias Aliadas. Bereits jetzt könnten solche Gruppen nach geltendem Strafrecht für begangene Straftaten verfolgt werden, ohne dass dafür ein Anti-Banden-Gesetz nötig sei. „Man sollte den Leuten keine falschen Hoffnungen machen. Mit diesem Gesetz kann man dem Verbrechen nicht wirksam die Stirn bieten.“, fügt Luna hinzu. Auch andere Organisationen haben die Maßnahme scharf kritisiert. „Ich glaube das Gesetz zeigt, dass auch diese Regierung die Priorität legt auf die demagogische und populistische Art früherer Regierungen, an das Thema der Kriminalität heranzugehen.“, so Aguilar vom IUDOP.

Weiterer Gesetzesentwurf

Eine immer wiederkehrende Kritik ist, das Gesetz hätte nur repressiven Charakter. Und tatsächlich ordnet Artikel 10 desselben Gesetzestextes an, ein weiteres Gesetz zur Vorbeugung und Rehabilitierung zu erlassen. Ein Entwurf dieses Gesetzes, der vom Kongress bewilligt werden muss, ist bereits in Händen des Präsidenten Funes. Die Regelung zeigt, dass der Staat selbst nicht alle Möglichkeiten zur Rehabilitierung und Vorbeugung bieten kann. Vielmehr seien umfassende Anstrengungen nötig, einschließlich der Arbeit, die zivile Organisationen bereits leisten. In dem neuen Gesetzesentwurf „gibt der Staat diesen Personen [den Bandenmitgliedern] die Möglichkeit, aus der Gruppe auszusteigen und an einem Rehabilitierungsprogramm teilzunehmen“, erklärt Aída Santos, Präsidentin des Nationalen Rates für Öffentliche Sicherheit CNSP (Consejo Nacional de Seguridad Pública). Ob dieses Anti-Banden-Gesetz die Kriminalität im Land bezwingen kann, bleibt abzuwarten.

Foto: Mara Salvatrucha (Flickr/Markarinaforos)

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