Guaraní-Sprecher und Schauspieler ermordet

(Fortaleza, 04. Dezember 2013, adital).- Er spielte eine Hauptrolle in dem Film „Birdwatchers“, in dem die Wiederbesetzung von Ländereien der Vorfahren der Guaraní erzählt wird; der 53-jährige Indigenen-Anführer Ambrosio Vilhalva ist am 1. Dezember in seinem Camp Guyraroká, im brasilianischen Bunderstaat Mato Grosso do Sul, erstochen worden. Das teilte der Indigene Missionsrat CIMI mit. Demnach wurde Vilhalva in seinem eigenen Dorf getötet. Die Polizei vermutet als Tatmotiv interne Streitigkeiten in dem Dorf, die durch erhöhten Alhokolkonsum noch angeheizt worden seien.

Wie die Polizei weiter mitteilte, habe sie nach der Tat den Schwager Vilhalvas, Ricardo Quevedo festgenommen, den sie für den Täter hält. Quevedo streitet dies jedoch ab. Nach Angaben des Polizeisprechers Antonio Carlos Videira hatte Vilhalva drei Frauen; zwei davon waren Mutter und Tochter. Beide, so der Sprecher, hätten ausgesagt, dass sie Quevedo – also ihren Vater bzw. Großvater – gesehen hätten, wie er an dem Morgen das Haus von Vilhalva betreten hätte und danach rausgerannt sei. Nach dem bisherigen Ermittlungsstand hätten die beiden gemeinsam mit anderen Indigenen in Guyraroká vor der Tat Alkohol getrunken, was die Konflikte innerhalb des Dorfes und in Nachbarsiedlungen weiter verschärft hätte.

Alkoholismus und räumliche Enge verschärft Konflikte

Der Tod des indigenen Anführers könnte ebenfalls mit den historischen Prozessen in Zusammenhang stehen, denen die Guaraní-Kaiowá unterworfen worden sind. Dazu gehören der Verlust ihres Landes und das Zusammendrängen vieler Indigener in kleinen Reservaten. Solche Erfahrungen haben die Lebensweise der Indigenen verändert und die Möglichkeiten eines friedlichen Zusammenlebens untereinander verringert. Dadurch hat auch der Alkoholkonsum bei den Indigenen um sich gegriffen und viele Guaraní-Kaiowá erfasst. Dazu gehört auch Ambrosio Vilhalva. Sein Tod hat zu Solidaritätserklärungen von NGOs wie dem CIMI geführt, die mit der Bewegung für die Wiedererlangung indigener Ländereien verbunden sind.

Ambrósio Vilhalva war nicht nur durch den Film „Birdwatchers“ bekannt, der die Geschichte seines eigenen Volkes erzählt. Er sprach sich auch lautstark gegen den Anbau von Zuckerrohr auf dem Land seines Volkes aus. Ein Farmer hatte die Guarani von Guyraroká vor Jahrzehnten von ihrem Land vertrieben, schreibt die Organisation Survival International. Nachdem sie jahrelang am Straßenrand gehaust hatten, besetzten sie schließlich 2007 einen Teil ihres Landes. Heute leben sie auf einem Bruchteil ihres ursprünglichen Gebietes, von dem der Großteil für riesige Zuckerrohr-Plantagen gerodet wurde. In den Konflikt um ihr Gebiet ist nach Erkenntnissen von Survival International auch der Landbesitzer und einflussreiche lokale Politiker José Teixeira verwickelt.

Anbau von Soja und Zucker zerstört indigenen Lebensraum

Der CIMI-Berater Egon Heck glaubt, das eventuelle persönliche Motive für solche Taten wie den Mord an Vilhalva kein alleiniger Grund sind. Seiner Meinung nach hänge dies mit den Spannungen zusammen, die durch den „Zwangsaufenthalt der Indigenen“ auf kleinen Räumen ausgelöst werde. Die indigenen Gruppen haben nur wenige Hektar Land und gegenwärtig haben die Indigenen Probleme wie Alkoholismus, Unterernährung und hohe Selbstmordraten. Das tragische Ende von Vilhalva sei zudem eine Konsequenz aus von außen aufgezwungenen Problemen wie dem Soja- und Zuckeranbau und die Aufzucht von Vieh auf vormals indigenen Ländereien.

Nach CIMI-Angaben leben in den Dörfern von Mato Grosso do Sul 45.000 Indigene. Allein auf dem Guyraroká-Gebiet, wo auch Vilhalva wohnte, leben zwischen 80 und 100 Personen. 2012 war die Mordrate bei den Guaraní viermal höher als die landesweite Mordrate in Brasilien, die an sich schon eine der höchsten der Welt ist. Die Mordrate in Brasilien lag 2012 bei 25,8 pro 100.000 Einwohner*innen. Im Bundesstaat Mato Grosso do Sul, wo 31.000 Guaraní leben, wurden 2012 34 Guaraní ermordet, so CIMI. Zur Zeit lebten die Indigenen von Guyraroká unter unmenschlichen Bedingungen, erklärte Heck. Sie seien von der Basisfürsorge abhängig, da der Anbau von Kartoffeln, Bohnen und anderen Lebensmitteln nicht ausreichend seien.

(Mehr Informationen zum Film „Birdwatchers“ und dem vom Regisseur mitinitiierten Fonds findet ihr im onda-info 214).

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