Gender und Kommunikation: Ein Blick in die kubanische Wissenschaft

von Dixie Edith

KUBA

(Lima, 21. April 2014, semlac).- Obwohl die Medien weiterhin die Muster dessen reproduzieren, was im chauvinistischen Weltbild als männlich und weiblich verankert ist, nimmt die Kommunikationsforschung Kubas gegenüber dieser Lage eine zunehmend kritische Position ein.

„Im akademischen Programm der Fakultät für Kommunikation FCOM (Facultad de Comunicación) der Universität Havanna haben die Genderstudien in den letzten fünf Jahren mehr Beachtung gewonnen“, bestätigte gegenüber SEMlac die Psychologen Ileana González López. Sie ist Dozentin und stellvertretende Leiterin des Internationalen Instituts für Journalismus „José Martí“.

Mehr wissenschaftliche Arbeiten zum Thema

Das Ergebnis einer noch laufenden Studie stützt die Behauptung von González López durch konkrete Fakten.

Während von 1987 bis 2007 lediglich rund zehn akademische Abschlussarbeiten zum Gender-Thema an der FCOM erstellt wurden, haben in den Jahren zwischen 2008 bis 2013 insgesamt 18 Untersuchungen stattgefunden; zwei von ihnen im Rahmen des Masterstudiengangs Kommunikationswissenschaften und eine im Rahmen einer Doktorarbeit, wie eine Systematisierung ergeben hatte. Die Mehrheit der von González analysierten Arbeiten betrifft Untersuchungen zu Printmedien oder Presseagenturen. Das Medium Radio war dabei mit lediglich einer Untersuchung der am wenigsten erforschte Bereich.

Die Recherche wurde am 16. April auf einem Workshop vorgestellt, der vorab zum 11. Iberoamerikanischen Treffen zu Gender und Kommunikation (Encuentro Iberoamericano de Género y Comunicación) in Havanna stattfand.

Fokus hat sich von Kernfragen der Meldungsanalyse entfernt

Diese Veranstaltung findet im Rahmen des „Nationalen Fortbildungsprogramms in Geschlechterfragen für Medienberufe“ statt. Das Programm wird seit ca. einem Jahr vom Kubanischen Frauenverband FMC (Federación de Mujeres Cubanas) koordiniert, mit Unterstützung der Organisation Mundubat sowie der spanischen Agentur für internationale Entwicklungszusammenarbeit AECID (Agencia Española de Cooperación Internacional para el Desarrollo).

„Es ist auffällig, dass lediglich eine der hinzugezogenen Untersuchungen von einem männlichen Studenten durchgeführt wurde. Das ist eine Alarmsignal dafür, die Kollegen auf diesem Themenfeld weiter zu sensibilisieren“, so González. Sie plante diese Analyse als Masterarbeit und will sie in allen Bereichen der Geistes- und Gesellschaftswissenschaften der Universität von Havanna durchführen.

„Diese Studien zeigen, dass Untersuchungen zu Gender und Medien sich dahingehend verändert haben, dass sich der Fokus von der Kernfrage der Meldungsanalyse, speziell des Frauenbildes in den Medien, hin zu anderen Problematiken, wie der Untersuchung der sozialen Repräsentationen, die durch kommunikative Produktion vermittelt werden“, erklärt die Forscherin.

Medien sind Förderschwerpunkt laut UN-Weltfrauenkonferenz von 1996

Die Selbstverständlichkeit, mit der die Medien „die diskriminierenden Einstellungen, Vorstellungen, Bilder und Informationen der Gesellschaft in Diskurs und Symbolen bekräftigen und reproduzieren, war der Ausgangspunkt des Interesses zu analysieren, wie diese Art Diskriminierung im Diskurs der Presse selbst und auch zwischen den Presseleuten untereinander gesellschaftlich konstruiert wird.“

Die Medien sind laut der Vierten UN-Weltfrauenkonferenz, die 1995 in Peking stattfand, Teil der zwölf Förderschwerpunkte zur Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern.

Die Umsetzung des Gender Mainstreamings ist jedoch nach wie vor eine Frage, mit der man sich befassen muss. Und obwohl die Fakultät für Kommunikation in Havanna ein erhöhtes Interesse an der Erforschung von Ursachen und Konsequenzen dieser Mängel zeigt, ist dies nicht genug.

Studien zu den Verbindungen zwischen Gender und Kommunikation machen im Land lediglich ein Prozent der kommunikationswissenschaftlichen Arbeiten aus, so der Artikel „Die Forschung im Bereich der Kommunikation. Ihr Rang in Kuba.“, von Hilda Saladrigas und Dasniel Olivera, die an der FCOM lehren.

Der Artikel wurde 2012 von der Fachzeitschrift „Revista de Estudios para el Desarrollo Social de la Comunicación“, die von der Universität Brasilia herausgegeben wird, veröffentlicht. Im Text wird der Anteil der Arbeiten zum oben genannten Thema mit dem Anteil von Arbeiten aus anderen Forschungsgebieten verglichen, wie etwa dem Gebiet des „visuellen Kommunikationsdesigns“ und der „pädagogischen Kommunikation“, die jeweils einen Anteil von fünf Prozent aufweisen. Angeführt wird aber auch der Anteil von Arbeiten zu Fragen wie „Kommunikation und Gesundheit“ (drei Prozent) oder „Kommunikation und Kultur“ (zwei Prozent), um noch ein paar weitere Beispiele zu nennen.

Noch viel zu tun

González López hebt in ihrer Untersuchung hervor, wie die Grundlage eines eigenen theoretisch-methodologischen Rahmens die Einbindung der Gender-Perspektive in der kommunikationswissenschaftlichen Forschung stärkt. Dabei setzt sie voraus, dass die Kommunikationstheorie und die Gender-Theorie zwei Wissensstände bilden, die die soziale Konstruktion der Sinngebung zu analysieren beanspruchen.

Die schließlich in Form einer Doktorarbeit von Isabel Moya, ebenfalls Dozentin sowie Vorsitzende des Frauenverlages „Editorial de Mujer“ zusammengefassten Ergebnisse sind ein substantieller Beitrag auf einem Gebiet, dass noch viele Hürden zu beseitigen hat.

Für González López ist es wichtig, die noch am Anfang stehenden Studien zum sozialen Geschlechterbegriff im Pressediskurs auszuweiten, jedoch auch „andere Aspekte zu berücksichtigen, wie den Entstehungsprozess von Meldungen, die Produktionsabläufe verschiedener Medien, die Prozesse der Rezeption und die Vermittlungsmechanismen, die bei der Veröffentlichung und dem Verständnis dieser Themen wirksam werden.“

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