Führender indigener Aktivist getötet

von PIA

(Concepción, 23. Januar 2014, medio a medio/cerigua).- Der 56-jährige Juan León Tuyuc Velásquez wurde am Morgen des 15. Januar am Straßenrand der Interamericana bei Sololá, etwa 150 Kilometer westlich der Hauptstadt Guatemalas, tot aufgefunden. Seine Leiche weise „Schläge am ganzen Körper und Schussverletzungen“ auf, so Mario Itzep, Sprecher der Beobachtungsstelle für Indigene Völker (Observatorio de Pueblos Indígenas). Juan Tuyuc hat eine Laufbahn als Aktivist hinter sich, vom Kommandanten der Guerilla EGP (Ejército Guerrillero de los Pobres) bis zum indigenen Anführer. Sein Tod ist von enormer Bedeutung in einem Land, in dem die wirtschaftlichen, politischen und militärischen Mächte einen Komplott der Straflosigkeit für diejenigen schmieden, die das Massaker an tausenden Indigenen während der blutigen Diktatur von Ríos Montt verübt haben.

Die Behörden untersuchen den Vorfall, haben aber bereits mitgeteilt, das Tuyuc an einem „Polytrauma“ nach einem Verkehrsunfall verstorben sei. Dem gegenüber erklärte jedoch seine Schwester Rosalina Tuyuc Velásquez – ehemalige Abgeordnete und Vorsitzende von 2000 bis 2004 des Nationalen Entschädigungsprogramms – dass Tuyuc gewaltsam und nicht durch einen Unfall umgekommen sei. Sie verurteilte die Tat und das Vertuschen der Todesumstände. Weiter teilte sie mit, dass sie über Informationen verfüge, dass ihr Bruder zuvor festgenommen worden sei. Sie forderte von den Behörden, eine gründliche Untersuchung durchzuführen.

Indigene fordern Gerechtigkeit

Die Leiche des indigenen Aktivisten wurde nach San Juan de Comalapa im Department Chimaltenango überführt, um dort begraben zu werden. Sie wurde von vielen Indigenen begleitet, die auf die Straße gingen um den Mord zu verurteilen und Gerechtigkeit zu fordern.

Tuyuc, ein Indigener der Maya Kaqchikel, war ein anerkannter Aktivist für die Rechte der indigenen Völker. „Sein Tod stärkt den Kampfgeist um weiterzumachen, bis zu dem Tag, an dem die Rechte der indigenen Völker respektiert werden“, unterstrich seine Schwester.

Der Aktivist war früher Teil der revolutionären Vorgänge in Guatemala; während des Bürgerkrieges (1960-1996) war er Kommandant der EGP. Bis zuletzt leitete er Projekte für verschiedene indigene Gemeinden. Seine Schwester ist Gründerin und Leiterin von CONAVIGUA (Coordinadora Nacional de Viudas de Guatemala), einer Organisation indigener Witwen des Krieges, der 200.000 Tote und 45.000 Verschwundene gefordert hat.

Das Komplott der Straflosigkeit

Der Mord an dem indigenen Anführer findet in einem Kontext des permanenten Ausgrenzung der Indigenen und der Verletzung ihrer Rechte statt – in einem Land, in dem mehr als die Hälfte der Bevölkerung aus indigenen Völkern der Maya, Garífuna und Xinca besteht, die in Armut leben, und wo wirtschaftliche, politische und militärische Eliten eine Intrige durchführen und weiterverfolgen, damit das Massaker an über 1.700 Indigenen der Maya Ixil während der Jahre 1982 und 1983 ungestraft bleibt.

Der Verantwortliche für dieses Massaker, der Ex-Diktator José Efraín Ríos Montt, hat sich jahrelang hinter der vom Gesetzgeber legalisierten Straflosigkeit versteckt; und er bleibt noch immer straflos, nachdem die Justiz kürzlich das Gerichtsverfahren annulliert hat, das ihn wegen Völkermordes und Menschenrechtsverbrechen zu 80 Jahren Haft verurteilt hatte.

Nach dem Völkermord hat sich die indigene Bewegung reorganisiert, um ihr Land zu verteidigen, das heute von der Regierung von Otto Pérez Molina bedroht wird. Dessen Regierung ist gekennzeichnet von Repression, Xenophobie und politischer Verfolgung, sowie von der Interessenvertretung multinationaler Konzerne, die versuchen, das strategisch wichtige Gemeinwohl zu plündern.

Weiterhin Ausgrenzung der Indigenen

Die Beobachtungsstelle für Indigene Völker kritisiert das Fehlen politischer Maßnahmen für die Indigenen; ihrer Meinung nach gebe es auch in den noch verbleibenden zwei Jahren der Amtszeit von Pérez Molina keinerlei politischen Willen, an der Ausgrenzung der Indigenen etwas zu ändern. Der Sprecher der Beobachtungsstelle, Itzep, teilte mit, dass die sozialen Konflikte gegenüber dem „Ansturm“ multinationaler Konzerne auf die indigenen Völker in der jüngsten Zeit zugenommen hätten. Daher litten diese weiterhin „unter Unterdrückung, Ausgrenzung und Rassismus und es gibt kein Interesse seitens der Regierung, dieses Problem zu lösen“.

Regierung weist Vorwürfe zurück

Am 20. Januar hatte die Interamerikanische Menschenrechtskommission CIDH die Vorwürfe von Rosalina Tuyuc aufgegriffen und den guatemaltekischen Staat aufgefordert, den Tod von Tuyuc Velázquez aufzuklären und eventuelle Täter zu bestrafen. Die Regierung wies diese Vorwürfe umgehend zurück und ließ über das Außenministerium mitteilen, Tuyuc sei an einem Schädelhirntrauma und Polytrauma infolge eines Verkehrsunfalls gestorben; sie stützt sich dabei auf das Nationale Institut für Forensik INACIF. Zudem erklärten sowohl das Innenministerium als auch die Nationale Zivilpolizei PNC, dass Tuyuc vor seinem Tod nicht von Sicherheitskräften verhaftet worden war. Die Regierung wies dementsprechende Vorwürfe als unbegründet und verleumderisch zurück.

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