Alberto Franco: Keine Verbesserung der Menschenrechtssituation in Sicht

von Darius Ossami

(Berlin, 03. Dezember 2010, npl).- Alberto Franco ist Priester und arbeitet für die Menschenrechtsorganisation „Justicia y Paz“, sowie für die Opfervereinigung MOVICE (Movimiento Nacional de Víctimas de Estado). Die kirchliche Organisation unterstützt afrokolumbianische und indigene Gemeinden im Kampf gegen Menschenrechtsverletzungen. „Justicia y Paz“ erhält bereits seit Jahren Morddrohungen, was Amnesty International schon zu einer Eilaktion veranlasst hat.

Die Menschenrechtssituation in Kolumbien sei weiterhin „dramatisch“, so Franco: „Wir begleiten Gemeinden im ganzen Land. 1997 gab es eine große Vertreibungsaktion in einer gemeinsamen Aktion von Armee und Paramilitärs. Bis heute sind 143 Morde dokumentiert. Häuser wurden verbrannt, Menschen verschwanden, die Umwelt wurde zerstört. Es gibt Gemeinden, die bis zu 14-mal vertrieben wurden.“

Vertriebenenrate unverändert hoch

Die Vertriebenenrate in Kolumbien gehört weltweit zu den höchsten und wird auf drei bis vier Millionen Menschen beziffert. Gründe sind nicht nur der andauernde Krieg zwischen Armee und Guerillas, sondern auch der ungelöste Landkonflikt, bzw. Großgrundbesitzer*innen, die Menschen durch paramilitärische Gruppen von ihrem Land jagen, um dort Exportware anzubauen, wie zum Beispiel Palmöl. Auch Gewerkschafter*innen leben weiterhin gefährlich. Nach Angaben des Gewerkschaftsdachverbandes CUT (Central Unitaria de Trabajadores de Colombia) wurden in diesem Jahr bereits 31 Gewerkschafter*innen in Kolumbien ermordet.

Franco erinnert an zahlreiche Skandale aus der Amtszeit des ehemaligen Präsidenten Uribe. In dessen Kabinett war Juan Manuel Santos Verteidigungsminister. Jetzt ist Santos der neue Präsident. Grund zur Hoffnung, dass sich die Menschenrechtssituation in Kolumbien dadurch verbessern würde, sieht Franco nicht: „Während seiner Zeit als Minister wurden junge Männer entführt, ermordet und als im Kampf gefallene Guerilleros präsentiert. Es gab noch immer keine wirkliche Untersuchung. Die meisten Opfer extralegaler Hinrichtungen, die sich getraut haben, diese anzuzeigen, werden nun selber bedroht. Die Ermittlungen werden systematisch verschleppt, wir sehen also keinerlei guten Willen seitens des Verteidigungsministeriums.“

Einflussreiche Familie

Santos stammt aus einer einflussreichen Familie, in deren Hand sich die Zeitung El Tiempo befindet. Sein Großonkel war ebenfalls Präsident, sein Cousin ist scheidender Vizepräsident. Bekannt wurde er zudem durch den Bombenangriff auf ein in Ecuador gelegenes Quartier der Guerillaorganisation FARC (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia), bei dem mehrere Menschen starben und der zu schweren Verstimmungen mit dem Nachbarland geführt hatte.

„Wir wollen erreichen“, so Alberto Franco, dass die deutsche Regierung weiß, dass sich die Menschenrechtslage nicht verändert hat, so wie es die Regierung behauptet. Denn es gibt eine systematische Verfolgung gegen Personen, die sich für Menschenrechte einsetzen“. Doch im Bundeskanzleramt will man davon offensichtlich nichts wissen. “Seien Sie versichert, dass Deutschland Ihr Land weiterhin nach Kräften unterstützen und Ihnen als Freund zur Seite stehen wird“, schrieb Merkel an Santos nach dessen gewonnener Wahl zum Präsidenten Kolumbiens.

(Alberto Franco in Berlin/Foto: Darius Ossami)

Tipp: Audiobeitrag des Autors im Rahmen der Kampagne „Menschen. Rechte. Stärken!“. Der Beitrag kann unter der URL http://www.npla.de/de/onda/serien/menschenrechte/content/1080 kostenlos angehört oder heruntergeladen werden.

CC BY-SA 4.0 Alberto Franco: Keine Verbesserung der Menschenrechtssituation in Sicht von Nachrichtenpool Lateinamerika ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert